Die Sache mit Teufel und Beelzebub
Selektive Adhäsionsmolekül-Inhibitoren
Natalizumab bei multipler Sklerose und Morbus Crohn
Selektive Adhäsionsmoleküle (SAM) spielen bei Entzündungsvorgängen im Körper eine wichtige Rolle. SAM-Hemmer könnten deshalb bei chronischen Entzündungsprozessen therapeutisch sinnvoll sein. In klinischer Prüfung befindet sich der humanisierte monoklonale Antikörper Natalizumab, der derzeit in den Indikationen multiple Sklerose (MS) und Morbus Crohn untersucht wird. Natalizumab greift in die Entzündungskaskade ein, indem es die Adhäsion von Immunzellen an die Oberfläche von Blutgefäßen blockiert und so die Migration von Lymphozyten in entzündetes Gewebe verhindert.
Therapieindividualisierung: Vom Drug-Monitoring zum Genchip
Symposium der Arbeitsgemeinschaft Klinische Pharmazie der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft, Berlin, 9. bis 10. Oktober 2002
Im Rahmen der letzten DPhG-Jahrestagung in Berlin fand am 9. und 10. Oktober 2002 ein Vorsymposium der Arbeitsgemeinschaft Klinische Pharmazie mit dem Titel „Therapieindividualisierung: Vom Drug-Monitoring zum Genchip“ statt. Die Vorträge gaben einen Überblick über die etablierten Methoden und Anwendungsgebiete des Drug-Monitorings sowie erste erfolgversprechende Ansätze zur Therapieindividualisierung auf der Basis pharmakogenomischer Methoden. Das Vorsymposium wurde von Charlotte Kloft (Berlin) organisiert.
Muskelkater
Muskelkater – verzögerter Muskelschmerz von etwa einwöchiger Dauer – tritt bevorzugt nach ungewohnten Abbremsbewegungen auf, bei denen der arbeitende Muskel durch äußere Kräfte gedehnt wird (exzentrische Kontraktionen). Diese Kräfte führen zu Sarkomer-Einrissen bei einem Teil der Fasern vor allem im Bereich der Z-Scheiben. Der Schmerz entsteht sekundär vermutlich durch Autolyse der zerstörten Faserstrukturen und Ödeme. Eine seltenere Form gibt es nach lang dauerndem intensiven Stoffwechsel wie zum Beispiel nach Marathonläufen; hierbei lassen sich Entzündungsreaktionen mit Leukozyteneinwanderung nachweisen. Muskelkater ist durch die gleiche Bewegung für mehrere Wochen nicht erneut auslösbar. Er hinterlässt keine bleibenden Schäden. Er wird durch Dehnen und leichte dynamische Arbeit gelindert. Eine sicher wirksame medikamentöse Behandlung gibt es nicht.
Antibiotika-assoziierte Diarrhö und pseudomembranöse Kolitis
Therapie und Rezidivprävention
31,4 % der mit Antibiotika behandelten Patienten entwickeln innerhalb eines Zeitraums von vier Wochen eine Diarrhö. Nur 30 % davon suchen einen Arzt auf. Dies ergaben eine Bevölkerungsbefragung und eine Patientendokumentation, die mit Rezeptauswertungen und Abverkaufsdaten des pharmazeutischen Großhandels abgeglichen wurden [1]. Berücksichtigt man, dass monatlich 7 % der Bevölkerung auch ohne Antibiotika-Einnahme an Diarrhöen leiden, dann sind 24,4 % mit der Antibiotika-Einnahme assoziiert.
Nichtsteroidale Antirheumatika
Heilung von Knochenbrüchen verzögert?
Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen und Naproxen werden häufig eingesetzt zur Schmerz- und Entzündungsreduktion nach Frakturen, bei Patienten mit rheumatoider Arthritis und Arthrose. Sie verhindern oder verzögern möglicherweise die Reparatur von Frakturen, so das Ergebnis einer tierexperimentellen Studie.
Sulfonamid-Allergie
Mögliche Kreuzreaktion zwischen Celecoxib und Glibenclamid
Sulfonamid-Derivate können allergische Reaktionen auslösen. Erstmals wird in einem Fallbericht von einer möglichen Kreuzreaktion zwischen den Sulfonamid-Derivaten Celecoxib (Celebrex®) und Glibenclamid (z. B. Euglucon®) berichtet.
Alkohol
Keine Wechselwirkung mit Metronidazol
Die häufig zitierte Unverträglichkeit zwischen Alkohol und Metronidazol ließ sich in einer finnischen Probandenstudie nicht nachweisen.
Repellenzien
Insektenschutzmittel im Vergleich
Pflanzliche Repellenzien mit höher konzentriertem Citronell-Öl halten lästige Insekten etwa 20 min fern. In Gebieten, in denen die Gefahr der Übertragung schwerer Krankheiten durch einen einzigen Stich oder Biss besteht, sollten DEET-haltige Insektenschutzmittel verwendet werden.
Dermatologie
Zu wenig antibakterielle Peptide in Neurodermitis-Haut?
In der Haut von Neurodermitikern fanden sich die antibakteriellen Peptide LL-37 und hBD-2 signifikant weniger als in Hautbiopsaten von Psoriatikern. Ein Mangel an LL-37 und hBD-2 könnte der Grund für die erhöhte Neigung von Neurodermitis-Patienten zu Hautinfektionen sein.
Patientenbefragung zu Laxanzien-Gebrauch
Obstipation kaum durch Ballaststoff- und Bewegungsmangel
Menschen, die an Verstopfung leiden, unterscheiden sich von der Normalbevölkerung nicht durch weniger Sportlichkeit oder eine ballaststoffärmere Ernährung. Sie finden sich in allen Altersgruppen mit leichtem Anstieg zur zweiten Lebenshälfte, sind überwiegend weiblich und normal- bis leicht übergewichtig. Jeder zweite lässt sich in der Apotheke beraten. Die Laxanzien-Einnahme erfolgt meist bestimmungsgemäß und in adäquater Dosierung.
English abstract
Prof. Dr. Joachim Erckenbrecht, Düsseldorf, Kathrin Bosse-Bringewatt, Königstein/Ts., Pressekonferenz „Wie verantwortungsbewusst sind Patienten in der Selbstmedikation? Ergebnisse einer apothekengestützten Befragung zur Selbstmedikation mit Laxoberal® Abführ-Tropfen und Abführ-Perlen“, Berlin, 9. Oktober 2002, veranstaltet von Boehringer Ingelheim.
Natriumpicosulfat (z. B. Laxoberal®) wird erst durch Hydrolasen im Dickdarm in den aktiven Metaboliten Bis-p-Hydroxyphenyl-Pyridylmethan überführt. Im Magen und Dünndarm, wo die spaltenden Enzyme fehlen, ist Natriumpicosulfat unwirksam. Im Kolon kommt es durch Entspannung der longitudinalen und Kontraktionssteigerung der zirkulären Muskulatur lokal zu einer Anregung der Motilität der glatten Muskulatur, die weitgehend der natürlichen Peristaltik entspricht. Die Struktur der Darmschleimhhaut wird nicht verändert. Zusätzlich wird die Wasserresorption aus dem Darmlumen gehemmt und die Flüssigkeitssekretion in den Darm gesteigert.
Kinder
Vorsicht bei oralen Glucocorticoiden
Kinder, die in der Vergangenheit mit Glucocorticoiden behandelt wurden, haben ein um 32 % erhöhtes Frakturrisiko im Vergleich zu Kindern ohne Glucocorticoid-Behandlung. Dies ergab eine retrospektive Studie mit über 37 000 Kindern im Alter von 4 bis 17 Jahren.
Periphere Durchblutungsstörungen
Pentoxifyllin bei venösen Beinulzera
Patienten mit venösen Beinulzera, die eine Kompressionstherapie nicht vertragen oder eine schlechte Abheilungstendenz aufweisen, profitieren möglicherweise von Pentoxifyllin. Eine Literaturrecherche ergab insbesondere für die zusätzliche medikamentöse Therapie eine gute Wirksamkeit.
CSE-Hemmer
Effektive Lipidsenkung mit Atorvastatin
Atorvastatin senkte den Cholesterol-Spiegel in einer offenen, prospektiven Studie in vergleichbaren therapeutischen Dosen etwas stärker als Simvastatin.
Lipidstoffwechsel
CETP-Hemmer erhöht HDL-Cholesterol
In einer Phase-II-Studie wurden Wirksamkeit und Sicherheit des Cholesterolester-Transferprotein(CETP)-Inhibitors JTT-705 erstmals am Menschen untersucht. Unter der Behandlung stieg der HDL-Cholesterol-Wert bei gesunden Probanden mit leichter Hyperlipidämie signifikant.
Notfallmedizin
Enoximon bei Verapamil-Vergiftung
Der Zustand eines Patienten mit Verapamil-Vergiftung stabilisierte sich erst, als die anfängliche symptomatische Therapie um den Phosphodiesterase-3-Hemmer Enoximon (Perfan®) erweitert wurde.