Susanne Heinzl
Glas ist eines der wichtigsten Primärpackmittel in der Pharmazie. Trotz vielfältiger Entwicklungen bei Plastikverpackungen hat dieses uralte Material nach wie vor einen sehr wichtigen Platz als Behältnis für Arzneimittel. Sein „Alter“, die lange Erfahrung im Umgang und umfassende Kenntnisse seiner Eigenschaften sind große Vorteile. Arzneimittelneuentwicklungen sind bekanntlich aufwändig, ein hoher zusätzlicher Aufwand um beispielsweise Stabilitätsdaten zum Packmittel Glas zu erarbeiten ist dann nicht mehr erforderlich.
Die Qualitätsanforderungen an Glas in der Pharmazie sind hoch. Die pharmazeutische Industrie fordert von ihren Glaslieferanten deshalb selbstverständlich eine Zertifizierung. Einer der weltweit größten Pharmazieglas-Produzenten gehört zur Saint-Gobain-Gruppe, einem im Eurostoxx börsennotierten Konzern, der neben Glas (38 %) im Baustoffhandel (52 %) und in der Produktion von so genanntem High-Performance-Material wie Keramik und Plastik tätig ist. Saint-Gobain Desjonquères (SGD) Pharmacy bietet ein breites Spektrum von Glasprodukten an, die in Produktionsanlagen in Europa und Amerika hergestellt werden. SGD war der erste Glashersteller, der seine Produktionsstätten mit Reinräumen ausstattete. Produktionsstätten befinden sich zum Beispiel in Frankreich in Mers les Bains, wo u. a. Typ-I-Glas hergestellt wird. In Kipfenberg in Deutschland wird Typ-II- und -III-Glas produziert, so auch alle Infusionsflaschen. Eine der größten Produktionsstätten für Pharmazieglas befindet sich in Sucy-en-Brie bei Paris. Hier werden Typ-II- und -III-Glas in weiß und braun produziert. Außerdem können die Gläser dort in der gleichen Produktionsstätte außen mit einem Plastiküberzug versehen werden, der zum einen dem Schutz des Glases dient, als Lichtschutz fungiert und es zudem ermöglicht, die Außenseite des Glases farbig zu gestalten und markant zu beschriften.
Bei SGD in Sucy-en-Brie werden täglich 4,2 Mio. Flaschen produziert, in Reinräumen kontrolliert und fertig zum Gebrauch verpackt. Die Glasproduktion erfolgt rund um die Uhr in 3 so genannten Wannen, in denen ständig ein 1 m hoher Spiegel aus geschmolzener Glasmasse aufrecht erhalten wird.
Am Eingang der Wanne werden die Ausgangsmaterialien entsprechend der Entnahme am anderen Ende computergesteuert zugeführt und bei 1 600 °C geschmolzen. Die Wannen werden mit riesigen Flammen befeuert. An jeder Wanne können mehrere Glasformen produziert werden. Das flüssige Glas wird als ein in der Größe genau berechneter Tropfen in die entsprechenden Werkzeuge geleitet, wo dann mit dem so genannten Press-Blas-Verfahren innerhalb von 5 bis 6 Sekunden das fertige Glas entsteht, das dann je nach Glasart und Flaschentyp noch eine Behandlung erfährt. In einem Abkühlkanal wird das Glas innerhalb von 45 min von etwa 550 °C auf 80 °C abgekühlt und gelangt direkt in die Reinraumzone, wo verschiedene Qualitätskontrollen erfolgen. Diese dauern etwa 10 Minuten. Alle Qualitätsdaten werden 7 Jahre aufbewahrt.
Am Ende der Kontrollstrecke werden die Gläser sofort eingesiegelt und auf Paletten gesetzt, die verpackte Ware wird mit Robotern weiter transportiert, vollautomatisch adressiert und kann dann ausgeliefert werden. Der Aufwand ist beeindruckend. Er hilft mit, die Qualität der Arzneimittel sicherzustellen.
Susanne Heinzl
Quelle
Besuch bei Saint-Gobain Dejonquères in Sucy-en-Brie, 2. April 2004.
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