Wenig große und viele kleine Fortschritte


Susanne Heinzl und die MMP-Redaktion

Die botanische Sensation 2005: die Titanenwurz (Amorphophallus titanum) blühte im Oktober 2005 nach jahrelanger Wartezeit in der Wilhelma in Stuttgart. Der fast drei Meter hohe Blütenstand ist der größte Blütenstand im Pflanzenreich. [Foto: Klaus Rehfeld]

Das Jahr 2005 wirkte im Bereich der Arzneimittelneueinführungen eher gebremst. Es gab wenig wirklich neue Substanzen – die interessantesten Entwicklungen gab und gibt es derzeit vor allem in der Onkologie. Gleich zwei neue Substanzen führte Hoffmann-La Roche ein: Bevacizumab (Avastin®) und Erlotinib (Tarceva®).

Bevacizumab ist ein rekombinanter humanisierter monoklonaler IgG1-Antikörper, der durch Blockade des VEGF (vascular endothelial growth factor) die tumorinduzierte Angiogenese hemmt und damit einen völlig neuen Therapieansatz aufgreift. Dieser erste Angiogenese-Hemmer ist für die First-Line-Therapie des fortgeschrittenen kolorektalen Karzinoms zugelassen.

Erlotinib ist ein Tyrosinkinase-Hemmer. Es hemmt hochspezifisch die intrazelluläre Tyrosinkinase-Aktivität von HER1/EGFR, einem Membranrezeptor, der zur Gruppe der humanen epidermalen Rezeptoren (HER) gehört. Erlotinib ist zur Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem oder metastastiertem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs zugelassen, bei denen mindestens eine vorausgegangene Therapie versagt hat. Anagrelid (Xagrid) steht für Risikopatienten mit essenzieller Thrombozythämie zur Verfügung, wenn diese ihre bisherige Therapie nicht vertragen oder nicht ausreichend darauf ansprechen. Anagrelid senkt die erhöhte Thrombozytenzahl, indem es die Megakaryozytenreifung hemmt.

Mit Atomoxetin (Strattera®) ist das erste Nicht-Psychostimulanz zur Behandlung von Patienten mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) in den Handel gekommen. Zonisamid (Zonegran®) als Zusatztherapie bei Erwachsenen mit epileptischen Anfällen, Rasagilin (Azilect®) zur Behandlung des Parkinson-Syndroms und Duloxetin (Cymbalta®) erweitern das therapeutische Spektrum bei Epilepsie, Parkinson-Krankheit und Depressionen, ohne jedoch einen „knalligen“ Durchbruch zu bedeuten.

Interessant ist jedoch Omalizumab (Xolair®); der monoklonale Antikörper bindet freies Immunglobulin E im Körper und verhindert so den Ablauf IgE-vermittelter allergischer Reaktionen. Bisher ist das subkutan zu verabreichende Medikament für die zusätzlich Behandlung von Patienten mit schwerem Asthma bronchiale zugelassen. Relativ hohe Kosten und fehlende Langzeiterfahrungen erfordern eine enge Indikationsstellung.

Für Erwachsene mit persistierendem Asthma bronchiale steht das neue Glucocorticoid Ciclesonid (Alvesco®) zur Verfügung.

Darifenacin (Emselex®) ist ein selektiver M3-Rezeptorantagonist zur Behandlung der Symptomatik der überaktiven Blase.

Enger ist der Einsatzbereich von Paricalcitol (Zemplar®), einem aktivierten Vitamin D, zur Behandlung von Hyperparathyreoidismus bei chronischem Nierenversagen, von Lanreotid (Somatuline) zur Behandlung der Akromegalie und von Nitisinon (Orfadin), das bei angeborener Tyrosinämie Typ I eingesetzt wird.

Wenige große und viele kleinere Fortschritte, so kann man die Arzneimittel-Neueinführungen des Jahres 2005 einordnen.

Ein gutes, gesundes Jahr 2006 wünschen wir Ihnen – im persönlichen und im beruflichen Bereich.

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