Nicht bei jedem Menschen mit Übergewicht ist das kardiovaskuläre Risiko erhöht. In den letzten Jahren hat sich durch eine Vielzahl von Untersuchungen gezeigt, dass insbesondere Menschen mit so genannter abdominaler Fettsucht gefährdet sind. Abdominale Fettsucht wird im Volksmund unter anderem Wampe, Trommel, Kessel, Ranzen, Hähnchenfriedhof oder Brauereigeschwür genannt.
Der „dicke Ranzen“ kann leicht diagnostiziert werden, hilfreich ist schon der „klinische Blick“. Wird beim Eintreten des Patienten zuerst der Bauch sichtbar, ist dies bereits ein sicherer Hinweis auf eine abdominale Fettsucht. Mit einem sehr einfachen Instrument lässt sich diese Vorab-Diagnose dann verifizieren, nämlich mit einem Maßband. Auch die kostenlos verteilten Maßbänder eines großen schwedischen Möbelhauses sind geeignet (Kosteneinsparung!).
Ein Taillenumfang von über 102 cm bei Männern und über 88 cm bei Frauen gilt als abdominale Fettsucht. Der „Ranzen“ entsteht durch vermehrte Fett-Einlagerung ins subkutane Fettgewebe und durch Anreicherung von Fett im Abdomen. Computertomographisch (und damit teuer!) kann diese Fettverteilung sehr gut gezeigt werden.
Intraabdominales Fett ist besonders stoffwechselaktiv. Es ist keineswegs nur eine passive Lagerstätte für den Fettvorrat des Körpers, sondern kann als eine Art endokrines Organ angesehen werden, das eine Vielzahl von Mediatoren produziert und ins Blut sezerniert.
So produziert das Fett im Abdomen unter anderem Tumornekrosefaktor alpha, Interleukin 6, Plasminogenaktivator-Inhibitor 1, Resistin, Lipoproteinlipase, Estrogene, Leptin, Angiotensinogen, Adiponectin, Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktor I, und, und, und …
In vivo – so wird geschätzt – stammen 30 % der im Körper zirkulieren Interleukin-6-Menge aus dem abdominalen Fett. Interleukin-6 wiederum moduliert die Produktion von C-reaktivem Protein (CRP) in der Leber und CRP ist ein wichtiger Marker einer chronischen Entzündung, die wiederum ein akutes Koronarsyndrom triggern kann.
Menschen mit der so genannten „Apfel-Form“ sind für kardiovaskuläre und metabolische Folgeerkrankungen also besonders anfällig. Die „Birnen-Form“ gilt in dieser Hinsicht als günstiger. Dennoch: die Schlussfolgerung, dass nur Fett am Bauch dem Organismus schadet, scheint vielleicht doch zu kurzsichtig. Orthopäden werden sicherlich anders argumentieren – für die Gelenke ist das zu tragende Gewicht von erheblicher Bedeutung.
Die IDEA-Studie (siehe Seite 267) zeigt, dass die abdominale Fettsucht weit verbreitet ist und dass sie ein vom Körpermassenindex (BMI) und vom Alter unabhängiger Risikofaktor für eine kardiovaskuläre Erkrankung ist. Mit dem Cannabinoid-1-Rezeptorenblocker Rimonabant befindet sich eine neue Substanz kurz vor der Markteinführung, mit der man versucht, diesem Problem gezielter zu Leibe zu rücken (siehe Seite 266).
Mit Rimonabant allein wird aber dieses (ge)wichtige Problem nicht zu lösen sein – vielschichtige Maßnahmen sind erforderlich, um Fettpolster und daraus erwachsende Risiken einzuschmelzen oder zu verhindern.
Susanne Heinzl
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