Kein Ruhmesblatt!
Rufinamid
Orphan-Drug zur Behandlung des Lennox-Gastaut-Syndroms
Mit Rufinamid (Inovelon®) steht seit Januar 2007 ein Medikament zur symptomatischen Behandlung des Lennox-Gastaut-Syndroms zur Verfügung. Diese seltene, schwer verlaufende Epilepsieform war bisher therapeutisch kaum beherrschbar. In Kombination mit anderen Antiepileptika reduziert Rufinamid vor allem die Sturzhäufigkeit der Patienten signifikant gegenüber Plazebo. Eine Langzeittherapie scheint möglich. Schwerwiegendste Nebenwirkung ist die Induktion eines Status epilepticus.
Infektionen durch Noroviren
Im letzten Winter wurde in Deutschland die bei uns bislang größte durch Noroviren verursachte Gastroenteritis-Epidemie registriert. Noroviren sind genetisch variable, membranlose einzelsträngige Ribonucleinsäure-Viren und weltweit die häufigste Ursache epidemisch auftretender nichtbakterieller Gastroenteritiden. Mehr als 70 % aller derartigen Ausbrüche und etwa die Hälfte aller Enteritis-Ausbrüche gehen auf Noroviren zurück. Darüber hinaus sind Noroviren häufige Erreger sporadisch auftretender Durchfallerkrankungen. Akute Enteritiden durch Noroviren gehen typischerweise mit plötzlich einsetzendem Erbrechen, wässriger Diarrhö und einem ausgeprägten allgemeinen Krankheitsgefühl einher. Krankheitsverläufe ohne Erbrechen und asymptomatische Infektionen sind ebenfalls häufig. Die Erkrankungen sind fast immer selbstlimitierend und dauern in der Regel wenige Tage. Die Virusübertragung erfolgt häufig von Mensch zu Mensch und primär über den fäkal-oralen Weg, während des Erbrechens auch aerogen. Wichtige Infektionsquellen stellen mit Noroviren kontaminierte Lebensmittel und Trinkwasser dar. Die Therapie ist in der Regel symptomatisch und zielt auf eine ausreichende Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution. Eine spezifische antivirale Therapie gibt es nicht. Zu den wichtigsten Präventivmaßnahmen gehört die konsequente Einhaltung gängiger Hygieneregeln in Küchen und Gemeinschaftseinrichtungen. Lebensmittel mit hohem Kontaminationsrisiko sollten gut durchgegart werden. Aufgrund der hohen Umweltstabilität von Noroviren sollten nur Substanzen mit nachgewiesener viruzider Wirksamkeit zur Desinfektion verwendet werden.
English abstract
Norovirus infections
During the last winter season, there was the hitherto largest norovirus gastroenteritis epidemic in Germany. Noroviruses are genetically highly variable, non-enveloped viruses with a single-stranded, positive sense RNA genome. They are the major cause of epidemic non-bacterial gastroenteritis worldwide, and have been identified as the cause of more than 70 % of outbreaks and approximately half of all gastroenteritis outbreaks. Noroviruses also are frequently involved in sporadic cases of gastroenteritis. Typically, norovirus-associated enteritis is characterized by the sudden onset of vomiting and watery diarrhoea, frequently accompanied by several unspecific symptoms, e. g. abdominal pain, anorexia, malaise, headache, and low-grade fever. Diarrhoea without emesis as well as asymptomatic infections is also common. With few exceptions, diseases due to noroviruses are self-limited and the illness duration is restricted to a few days. Noroviruses are transmitted primarily from person-to-person by the faecal-oral route, but airborne transmission also occurs. Contamination of food and water represent important sources for human infection. Treatment of norovirus gastroenteritis is usually symptomatic and comprises a sufficient fluid and electrolyte substitution. There is no specific antiviral therapy. For prophylaxis, obeying of common hygienic rules in canteen kitchens and community institutions is regarded to be sufficient. Food with high risk of contamination should be cooked thoroughly. Because of the high stability of noroviruses to several environmental conditions, disinfection should be performed applying disinfectants with proven activity against noroviruses.
Arzneimittelwechselwirkungen
Top Ten als gute Basis für den Alltag in der Apotheke?
Immer wieder wird in Vorträgen und Beiträgen zum Thema Arzneimittelwechselwirkungen festgestellt, dass es etwa 10 bis 15 wichtige Wechselwirkungen gibt, die Apotheker und Ärzte kennen müssen. Leider finden sich hierzu in den einschlägigen Quellen wenig konkrete Angaben.Daher haben wir im April 2007 eine kleine Experten-Umfrage durchgeführt: Pharmakologen und klinische Pharmazeuten verschiedener Universitäten im ganzen Bundesgebiet wurden gebeten, die ihrer Meinung nach wichtigsten 10 Arzneimittelwechselwirkungen möglichst mit einer kurzen Begründung aufzulisten. Die Ergebnisse haben wir im Folgenden zusammengefasst.
Vitamin D gegen multiple Sklerose?
Ein Patient mit multipler Sklerose (MS) interessiert sich für die Vitamin-D-Substitution bei MS-Erkrankung. Was ist von dieser Therapie zu halten? Welche Studien gibt es hierzu?
Neue Therapien bei Vitiligo?
Die Therapie der Vitiligo („Weißfleckenkrankheit“) erscheint nach wie vor nicht befriedigend. In mehreren Internet-Foren finden sich zahlreiche, teilweise stark beworbene „Präparate“, die den Betroffenen große Hoffnungen machen. Hierzu gehört die ReCell®-Therapie (die „Haut zum Sprühen“) sowie die Pseudokatalase-Creme plus Calcium (Pseudokatalase-Creme PC KUS). Wie ist der Stellenwert dieser Präparate zur Behandlung der Vitiligo? Gibt es hierfür bereits kontrollierte Studien?
Multiple Sklerose
Prognose durch frühen Therapiebeginn bessern!
Der Verlauf der multiplen Sklerose kann durch den frühen Therapiebeginn entscheidend beeinflusst werden: Ein Übergang des schubförmigen in den sekundär progredienten Verlauf kann verhindert werden. Für den Patienten bedeutet dies, dass die Häufigkeit und Schwere der Krankheitsschübe sowie das Behinderungsrisiko und -ausmaß in Folge der Erkrankung reduziert werden.
Eine Online-Befragung von Patienten mit multipler Sklerose ergab nun, dass die Empfehlungen nationaler Fachgesellschaften bislang nicht zufrieden stellend umgesetzt werden. Verstärkte Aufklärungsarbeit, eine Sensibilisierung auf Seiten der Ärzte und der Bevölkerung sind wünschenswert.
Kardiovaskuläre Risikofaktoren
Migräne und das Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen bei Männern
Männer mit Migräne haben nach den Ergebnissen einer großen prospektiven Kohortenstudie (Physicians‘ Health Study) ein erhöhtes Risiko schwerer kardiovaskulärer Erkrankungen, insbesondere eines Herzinfarkts.
Demenz
Zusammenhang zwischen B-Vitaminen und Kognition weiter unklar
Welchen Stellenwert haben Vitamin B12, Vitamin B6 und Folsäure bei der Vorbeugung und Behandlung altersabhängiger kognitiver Störungen? Die Durchsicht randomisierter kontrollierter Studien ergab: Für die Empfehlung einer generellen Supplementierung dieser Vitamine bei Demenz gibt es keine Evidenz-basierte Grundlage. Lediglich bei Personen mit suboptimaler Folsäure-Versorgung kann eine Substitution von Folsäure zur Verringerung altersabhängiger kognitiver Einschränkungen empfohlen werden.
Arthroseschmerzen
Hilft Akupunktur bei Kniegelenksarthrose?
Eine Metaanalyse der klinischen Wirksamkeit von Akupunkturbehandlungen bei Kniegelenksarthrose ergab: Zwischen Akupunktur und Scheinakupunktur sind keine signifikanten Unterschiede bei der Wirksamkeit festzustellen, beides war jedoch wirksamer als die konventionelle Standardtherapie. Obwohl danach Akupunktur bei dieser Indikation nicht uneingeschränkt empfohlen werden kann, könnte sie für einzelne Patienten eine sinnvolle Behandlungsoption darstellen.
Postmenopausale Gewichtskontrolle
Calcium- plus Vitamin-D-Supplementierung mindert Gewichtszunahme
In einer randomisierten Plazebo-kontrollierten Großstudie hatten die Frauen der Verum-Gruppe ein minimal, aber signifikant geringeres Risiko, nach der Menopause zuzunehmen.
Fettleibigkeit bei Vorschulkindern
Welchen Einfluss hat die körperliche Aktivität?
In einer schottischen Studie konnte eine verstärkte körperliche Aktivität bei Kindergartenkindern motorische Fähigkeiten verbessern, nicht aber den Body-Mass-Index verringern.
Bluttransfusionen
Wie groß ist das Krebsrisiko?
Bluttransfusionen von präkanzerösen Blutspendern waren im Vergleich zu solchen von nicht kanzerösen Spendern nicht mit einem erhöhten Krebsrisiko für die Empfänger verbunden.
MDS und seltene Anämien
Nach Eisenchelatbildner-Gabe nahezu doppelte Überlebensraten
Bluttransfusionen sind für Patienten, bei denen die Blutbildung gestört ist, überlebenswichtig. Die Liste möglicher Erkrankungen ist lang, neben myelodysplastischen Syndromen gehören auch Sichelzellanämie und andere seltene Anämie-Formen dazu.Bluttransfusionen selbst bergen jedoch die Gefahr der Eisenüberladung, mit lebensbedrohlichen Folgen. Insofern sollte rechtzeitig ein Eisenchelatbildner zum Einsatz kommen.
Idiopathische thrombozytopenische Purpura
Eltrombopag steigert Thrombozytenzahl und reduziert das Blutungsrisiko
Bei Gabe des oralen nichtpeptidischen Thrombopoetin-Rezeptoragonisten Eltrombopag stieg die Thrombozytenzahl verglichen mit Plazebo bei deutlich mehr Patienten auf mindestens 50 000 Zellen/µl, zugleich wurde das Blutungsrisiko deutlich gesenkt. Mit diesen Ergebnissen einer Phase-III-Studie über 6 Wochen konnten die bisherigen viel versprechenden Ergebnisse in der Kurzzeitbehandlung von Patienten mit chronischer idiopathischer thrombozytopenischer Purpura mit Eltrombopag bestätigt werden.
Kindersterblichkeit in armen Ländern
Pneumokokken-Impfung wirksam und kosteneffektiv
Mit einer Durchimpfungsrate ähnlich bei „Diphtherie-Tetanus-Pertussis“ könnten in 72 Entwicklungsländern jährlich 262 000 Leben von Kindern unter fünf Jahren gerettet werden. Dies ergab eine theoretische Berechnung.