Thujon-Wirkungen von Absinth sind nur eine Legende


Toxikologie entlarvt Alkohol als eigentliche Absinthismus-Ursache

Dirk W. Lachenmeier, Karlsruhe

In der Diskussion über Thujon als möglicher toxischer Bestandteil der wermuthaltigen Spirituose Absinth wird der Zusammenhang zwischen Dosis und Wirkung immer wieder ignoriert. Sehr oft werden die Wirkungen von Absinth allein auf Thujon zurückgeführt, was wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert ist. Auch eine psychotrope Wirkung von Thujon konnte wissenschaftlich nicht belegt werden. Im übrigen ist die Frage einer Thujon-Wirkung in Absinth irrelevant, da Thujon sowohl in heute auf dem Markt erhältlichen Absinthen als auch in historischen Produkten aus der Blütezeit des Absinths in derartig geringen Mengen vorkommt, dass eine pharmakologische Wirkung per se auszuschließen ist. Die unter dem Begriff „Absinthismus“ zusammengefassten Wirkungen der Spirituose, die in Frankreich gegen Ende des 19. Jahrhunderts beobachtet wurden, können nach heutigem Stand des Wissens allein durch einen chronischen Alkohol-Missbrauch erklärt werden.
Besonders aus Sicht des Jugendschutzes und gesundheitlichen Verbraucherschutzes sollte eine unklare Berichterstattung über Absinth vermieden werden, die beispielsweise durch angebliche den Alkoholeffekten entgegengesetzte Wirkungen zu einer Verharmlosung des Alkoholkonsums führen könnte. Wissenschaftlich nicht gesicherte Mutmaßungen über den Einfluß bestimmter Trinkrituale auf die Toxizität von Absinth sollten unterlassen werden. Eine Rückkehr zu mehr Evidenz und weniger Mutmaßung in der Berichterstattung über Absinth und Thujon wäre wünschenswert.

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