Individuelle Therapie zwischen Genexpression und Vehikel


Ihre MMP-Redaktion

Im vorliegenden Heft lesen Sie in der Rubrik „Pharmakologie aktuell“ einen Beitrag über Panitumumab (Vectibix®), einen rekombinanten humanen Antikörper gegen den epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor (EGFR), der für die Therapie des metastasierten Kolorektalkarzinoms zugelassen ist. Panitumumab verhindert die Aktivierung des EGFR und hemmt damit die EGFR-vermittelten Reaktionen, die für das Wachstum von Tumoren von Bedeutung sind, wie Zellproliferation, Apoptose-Hemmung, Angiogenese und Metastasierung.

Der EGFR ist als Zielstruktur der Krebstherapie bereits etabliert. So ist der EGFR-Antikörper Cetuximab (Erbitux®) zur Kombinationstherapie bei metastasiertem kolorektalem Karzinom und bei lokal fortgeschrittenem Plattenepithelkarzinom im Kopf-Hals-Bereich zugelassen. Erlotinib (Tarceva®) hemmt die EGFR-Tyrosinkinase und somit die Signaltransduktion nach Ligandenbindung an den EGFR; es wird bei metastasiertem nichtkleinzelligem Bronchialkarzinom eingesetzt.

Voraussetzung für den Einsatz von Panitumumab ist neben dem Nachweis von EGFR im Tumorgewebe, dass das K-ras-Gen nicht mutiert ist, also als so genannter Wildtyp vorliegt. Das K-ras-Gen kodiert für ein G-Protein, das in der Signaltransduktion nach Aktivierung des EGFR eine zentrale Rolle spielt. Mutationen des K-ras-Gens bewirken, dass das Ras-Protein unabhängig vom EGFR aktiv ist – es ist konstitutiv aktiviert. Eine Blockade des EGFR ist in diesem Fall wirkungslos. In den klinischen Untersuchungen zu Panitumumab war dies daran erkennbar, dass nur bei Patienten mit dem Wildtyp des K-ras-Gens das progressionsfreie Überleben signifikant verlängert war.

Die Stratifizierung nach dem Mutationsstatus des K-ras-Gens eröffnet also die Möglichkeit, nur die Patienten mit dem neuen Arzneistoff zu behandeln, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit davon profitieren – und andererseits den Aufwand für die Therapie bei denjenigen Patienten zu sparen, bei denen ohnehin keine Wirkung erwartet werden kann.

Für diese enge Verzahnung von (hier molekularbiologischer) Diagnostik und Therapie wurde der Begriff Theranostik geprägt, laut Wikipedia „die therapiebegleitende Diagnose mit dem Ziel einer patientenspezifischen Therapie“. Trastuzumab (Herceptin®) war der erste Arzneistoff, dessen Einsatz vom Ergebnis einer Genexpressionsanalyse (Her2/neu) abhängig gemacht wurde. Vor dem Einsatz von Cetuximab und Panitumumab bei Darmkrebspatienten soll das EGFR-Protein im Tumor nachgewiesen werden. Dies sind nur wenige Beispiele für einen Trend zu einer individualisierten oder zielgerichteten Therapie, die auch dank der zunehmenden Vereinfachung und Automatisierung molekularbiologischer Untersuchungsverfahren in Zukunft eine immer größere Rolle spielen dürfte.

Abseits von individuellen pharmakologischen Wechselwirkungen können auch grundlegende physikochemische Mechanismen für eine symptomorientierte Therapie genutzt werden, wie der Beitrag über die Bedeutung von Externagrundlagen bei der Therapie des atopischen Ekzems (Seite 139 ff.) verdeutlicht.

Die genannten Beiträge markieren zwei Pole der Vielfalt therapeutischer Möglichkeiten. Über viele weitere therapeutische Aspekte können Sie sich jeden Monat in dieser Zeitschrift informieren – und zum Beispiel auch bei der Interpharm ’08 in Stuttgart vom 18. bis 20. April. Nutzen Sie dort die Möglichkeit auch zum persönlichen Kontakt und Gedankenaustausch mit uns. Wir freuen uns auf Sie!

Liebe Leserin, lieber Leser, dieser Artikel ist nur für Abonnenten der MMP zugänglich.

Sie haben noch keine Zugangsdaten, sind aber MMP-Abonnent?

Registrieren Sie sich jetzt:
Nach erfolgreicher Registrierung können Sie sich mit Ihrer E-Mail Adresse und Ihrem gewählten Passwort anmelden.

Jetzt registrieren