Festbetragsregelung für Triptane: Chaos in der Apotheke


Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Sebastian Kaulitzky/Fotolia.com

Im Jahr 1993 wurde mit Sumatriptan (Imigran®) das erste von insgesamt sieben Triptanen zur Behandlung akuter Migräneattacken zugelassen. Die Triptane (Serotonin-1B/1D-Agonisten) waren zum Zeitpunkt ihrer Einführung eine therapeutische Revolution, da vielen Patienten erstmals in ihrem Leben eine wirksame Therapie mittelschwerer und schwerer Migräneattacken zur Verfügung stand. Triptane besserten nicht nur die Kopfschmerzen sondern linderten auch eine Reihe von unangenehmen Begleiterscheinungen der Migräne wie Übelkeit, Erbrechen, Lichtscheu, Lärmempfindlichkeit und allgemeines Krankheitsgefühl. Nach Sumatriptan wurden dann sechs weitere Triptane zugelassen: in alphabetischer Reihenfolge Almotriptan (Almogran®), Eletriptan (Relpax®), Frovatriptan (Allegro®), Naratriptan (Naramig®), Rizatriptan (Maxalt®) und Zolmitriptan (AscoTop®). Im Jahr 2006 endete der Patentschutz von Sumatriptan und in der Folgezeit wurden viele Sumatriptan-Generika auf dem Markt angeboten. Seit drei Jahren gibt es Naratriptan auch frei verkäuflich als Formigran® ohne Rezeptpflicht.

Am 1. September 2010 trat eine neue Festbetragsregelung für Triptane („selektive Serotonin-5HT1-Agonisten“) in Kraft. Diese bedeutet konkret, dass alle oralen Triptane nur bis zum Festbetrag durch die Krankenkassen erstattet werden. Die Festbeträge liegen für 2 Tabletten zwischen 15,11 und 15,73 Euro, für 3 Tabletten zwischen 17,46 und 18,54 Euro und für 6 Tabletten zwischen 24,56 und 26,61 Euro. Doch kaum ein Triptan-Hersteller hatte sich auf die neue Festbetragsregelung vorbereitet. Die Patienten wurden plötzlich mit der Forderung nach erheblichen Aufzahlungen konfrontiert. Nur die Firma MSD hatte das Problem antizipiert und den Preis für die 5-mg- und 10-mg-Tablette Maxalt® auf Festbetragsniveau reduziert. Da die neue Regelung seit langem bekannt war und anstand, ist es für mich völlig unverständlich, warum die anderen Triptan-Hersteller nicht denselben Weg gegangen sind.

Für die Beratung von Patienten in der Praxis ist allerdings relevant, dass fast alle Triptane, die die Festbetragsregelung nicht erfüllen, als Reimporte bezogen werden können und dann unter Umständen deutlich preiswerter sind als in Deutschland. Im Einzelfall ist also zu prüfen, ob es zu dem gewünschten Medikament einen lieferbaren Reimport gibt.

Für Patienten mit Clusterkopfschmerz ist wichtig, dass Nasenspray (Sumatriptan, Zolmitriptan) und die Injektionsform von Sumatriptan nicht der Festbetragsregelung unterliegen. Dies scheinen allerdings nicht alle Sachbearbeiter bei Krankenkassen realisiert zu haben.

Triptane sind wertvolle Medikamente für Patienten mit Migräne und Clusterkopfschmerz. Ich würde mir daher dringend wünschen, dass die anderen Hersteller dem Beispiel von MSD folgen und den Preis ihrer Triptane auf die Festbetragsgrenze senken. Nur so ist gewährleistet, dass unseren Migränepatienten die volle Bandbreite des Nutzens der Triptane zugute kommt.

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