Heike Oberpichler-Schwenk
In Deutschland erleiden jährlich über 250000 Menschen einen Herzinfarkt – auf die Tausenderstelle genaue Angaben sind kaum möglich, weil die Infarkte zum Teil mit untypischen Symptomen oder stumm verlaufen, vor allem bei Frauen und bei Diabetespatienten. Etwa 60000 Menschen sterben in unmittelbarer Folge des Herzinfarkts.
Ziel der Herzinfarktbehandlung ist zum einen die Eröffnung des verschlossenen Koronargefäßes, um die irreversible Schädigung des Herzmuskelgewebes zu verhindern oder wenigstens so gering wie möglich zu halten. Das geschieht je nach Stadium medikamentös (Thrombolyse bzw. Fibrinolyse, zum Beispiel mit Alteplase oder Streptokinase) oder interventionell mit einm Herzkatheter (perkutane Koronarintervention, PCI), in schweren Fällen auch operativ (Bypass-Operation). Bevorzugte Therapie ist die Koronarintervention, die als primäre Maßnahme aber innerhalb von zwei Stunden nach der Diagnose begonnen werden muss, wie auf den folgenden Seiten in einem Übersichtsbeitrag zum akuten Myokardinfarkt ausgeführt wird.
Zum anderen gilt es, Folgeinfarkte durch Gabe von Thrombozytenfunktionshemmern zu verhindern. Hier stehen Acetylsalicylsäure, Clopidogrel, Abciximab, Eptifibatid und Tirofiban und als neuere Substanzen Prasugrel und Ticagrelor zur Verfügung. Deren Einsatz wird ebenfalls in dem Übersichtsbeitrag dargestellt. Zur Sekundärprävention gehört weiterhin die Kontrolle von Risikofaktoren wie Hypertonie, Lipidstoffwechselstörungen und Diabetes mellitus.
Besser als eine noch so gute Behandlung eines Herzinfarkts ist aber natürlich, es gar nicht erst so weit kommen zu lassen. Die Primärprävention, also die Erkennung, Vermeidung und Behandlung von Risikofaktoren bietet auch in der Apotheke Anknüpfungspunkte für ein Beratungsgespräch. Dabei können die bekannten Risikofaktoren wie Bewegungsmangel, Übergewicht, Hypertonie, Hypercholesterolämie, Diabetes mellitus und Stress thematisiert werden.
Zur professionellen Abschätzung des kardiovaskulären Risikos dient zum Beispiel der PROCAM-Score. Ein laiengerechtes Instrument ist der Online-Test zum persönlichen Herzinfarktrisiko, der auf der Website der Deutschen Herzstiftung (www.herzstiftung.de) zur Verfügung steht. Je nach Stärke des Zusammenhangs sind verschiedene Punktwerte hinterlegt. Gefragt wird nach:
- familiärer Belastung (Herzinfarkt oder Schlaganfall bei Vater, Mutter, Geschwistern oder Kindern) (0–6 Punkte)
- Rauchverhalten (0–10 Punkte)
- Körpergröße und Gewicht zur Berechnung des Body-Mass-Index (0–2 Punkte)
- Verzehrsgewohnheiten für frisches Obst, Salate und Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte und Fisch sowie für rotes Fleisch, Bratwürste, Pommes, Vollmilchprodukte, Sahne, Kuchen, Süßigkeiten und Nachtische (–4 bis 0 bzw. 0 bis +4 Punkte)
- sportlicher Bewegung (–2 bis +2 Punkte)
- Blutfettwerten (womit vermutlich die Cholesterolwerte gemeint sind) (0–6 Punkte)
- Blutdruck (0–6 Punkte)
- erhöhten Blutzuckerwerten (0–8 Punkte)
- Häufigkeit von Arbeit unter Zeitdruck oder Stress (0–4 Punkte)
- Auftreten von Beschwerden im Brustbereich bei körperlicher Belastung, bei Kälte oder Stress (0 oder 10 Punkte)
- mehr als fünf Minuten anhaltenden druckartigen Beschwerden im Brustkorb (0 oder 10 Punkte)
- bereits erfolgter Behandlung wegen eines Herzinfarkts oder Verdacht darauf (0 oder 10 Punkte)
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