Antibiotika: der Wettlauf geht weiter


Heike Oberpichler-Schwenk

Bakterielle Infektionskrankheiten gehören nach wie vor zu den weltweit häufigsten Todesursachen. Wie Prof. Ulrike Holzgrabe und Prof. Marianne Abele-Horn, Würzburg, im Titelbeitrag dieses Hefts ausführen, sah es im 20. Jahrhundert vorübergehend anders aus: Die Entwicklung zahlreicher Antibiotikagruppen nährte die Hoffnung, dass bakteriellen Infektionen nachhaltig beizukommen sei. Aber dank verschiedener Resistenzmechanismen konnten und können viele Bakterien dem antibiotischen Angriff entgehen und sind heute zum Teil sogar aggressiver als zuvor. Ein Beispiel sind die CA-MRSA (ambulant erworbene Methicillin-resistente Staphylococcus-aureus-Stämme), die häufig tiefe, komplizierte Haut- und Weichgewebeinfektionen hervorrufen und auch seltene, aber lebensbedrohende Erkrankungen wie die nekrotisierende Fasziitis, die vormals nicht im Zusammenhang mit S. aureus beobachtet wurden (s.S. 324).

Während Bakterien stetig durch Resistenzbildung „aufrüsten“, gibt es bei der Entwicklung von Antibiotika seit Langem nur wenig Neues zu vermelden. Zwei neue Wirkstoffe werden aber voraussichtlich demnächst für die antibiotische Therapie zur Verfügung stehen.

Ceftarolin gehört zur lange bekannten Gruppe der Cephalosporine, also zu den Beta-Lactamen. Neu an diesem Cephalosporin ist, dass es auch gegen MRSA wirkt. Das beruht darauf, dass Ceftarolin eine hohe Affinität zu dem MRSA-typischen Penicillin-bindenden Protein (PBP) 2a aufweist. Eine hohe Affinität hat es auch für die PBPs von Streptococcus pneumoniae. Ceftarolin wirkt gegen die wichtigsten bakteriellen Erreger von Haut- und Weichgewebeinfektionen wie S. aureus (auch Stämme mit verringerter Vancomycin- oder Daptomycin-Empfindlichkeit) und Streptococcus pyogenes sowie gegen häufige Erreger von Lungenentzündungen (z.B. S. pneumoniae, Haemophilus influenzae, Moraxella catarrhalis). Unwirksam ist es zum Beispiel gegenüber Pseudomonas spp., Acinetobacter spp. oder Clostridium difficile [1]. Ceftarolin wird in Form des Prodrugs Ceftarolinfosamil intravenös verabreicht; die aktive Substanz wird nach der Applikation rasch durch Phosphatasen freigesetzt. Nach entsprechender klinischer Prüfung wurde Ceftarolinfosamil Ende 2010 in den USA und vor wenigen Tagen in der EU für die Behandlung bei erwachsenen Patienten mit komplizierten Haut-und Weichgewebeinfektionen oder ambulant erworbener Pneumonie zugelassen (Teflaro® in den USA bzw. Zinforo® in der EU).

Fidaxomicin (Dificlir®) wurde bereits im Dezember 2011 in der EU zugelassen. In Großbritannien ist es seit Juni 2012 auf dem Markt, mit der Markteinführung in Deutschland wird Ende 2012 gerechnet. Fidaxomicin repräsentiert eine neue Wirkstoffklasse. Es wirkt bakterizid und hat ein enges Wirkungsspektrum mit hoher Selektivität für Clostridium difficile. Es ist zugelassen für die orale Behandlung von erwachsenen Patienten mit einer C.-difficile-Infektion (CDI), auch als C.-difficile-assoziierte Diarrhö (CDAD) bekannt [2]. Diese Erkrankung tritt als Komplikation von Antibiotikatherapien auf, wenn die physiologische Darmflora beeinträchtigt wird, und kann zum Beispiel in Form der pseudomembranösen Kolitis auch lebensbedrohlich sein. In der klinischen Prüfung war Fidaxomicin vergleichbar wirksam wie Vancomycin. Als Vorteil wird angesehen, dass es die normale anaerobe Darmflora nur wenig beeinträchtigt [3].

Beide neuen Wirkstoffe stellen Fortschritte in begrenzten Einsatzbereichen dar. Wo keine neuen Antibiotika zu erwarten sind, gilt es, das vorhandene Arsenal auf optimierte Einsatzmöglichkeiten zu prüfen. Das geschieht zunehmend auch unter Rückgriff auf „alte Bekannte“. Mehr dazu im nächsten Heft.

Literatur

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