Rika Rausch
Rio de Janeiro am 13. Juli 2014 im Maracanã-Stadion: In der 109. Minute verletzt sich Mittelfeldspieler Bastian Schweinsteiger bei einem Zweikampf unter dem rechten Auge. Der blutige Cut wird am Spielfeldrand behandelt; 3 Minuten später ist Schweinsteiger wieder auf dem Platz. Eine weitere Minute später schießt Mario Götze das 1:0 gegen Brasilien. Deutschland wird zum vierten Mal Weltmeister – und Schweinsteiger zur Symbolfigur des deutschen Fußballs.
Im Regelwerk der Fifa ist verankert, dass ein Spieler mit blutender Wunde das Spielfeld zur Behandlung zu verlassen hat (gilt auch für Nasenbluten) [1]. Er darf das Spielfeld erst wieder betreten, wenn sich der Schiedsrichter vergewissert hat, dass die Blutung gestoppt wurde. Das Tragen blutverschmierter Kleidung ist verboten, wegen der bestehenden Infektionsgefahr. Der Zuschauer sieht meist nur, wie der Spieler nach einem Wink des Unparteiischen wieder auf den Platz läuft.
Doch wie werden Platzwunden versorgt, damit ein verletzter Spieler bereits innerhalb weniger Minuten den Wettkampf fortsetzen kann?
Die Untersuchung und Erstdiagnose obliegt dem Mannschaftsarzt; ihm zur Seite gestellt ist in der Regel ein Physiotherapeut [2]. Für blutende Verletzungen befinden sich im Erste-Hilfe-Koffer Desinfektionsspray, elastische Binden, Eis, sterile Kompressen, Verbandschere, Nahtmaterial und Klammerpflaster (Steri-Strips). Am Spielfeldrand können weitere Medizinprodukte zum Einsatz kommen wie Hautkleber, Klammergeräte und blutstillende Produkte [3]. Bei einer Kopfplatzwunde wird dem Spieler nach Desinfektion ein turbanähnlicher Kompressionsverband angelegt. Stark blutende Wunden können genäht oder „getackert“/„geklammert“ werden; letztere Methode ist zwar effektiv, wird aber aus ästhetischen Gründen nicht im Gesichtsbereich durchgeführt. Schweinsteiger ließ sich dennoch „tackern“ und behielt eine Narbe als „Kriegsverletzung“ vom WM-Finale [4].
Die Entscheidung darüber, ob der Fußballspieler noch auflaufen kann, muss zügig gefällt werden, da die Mannschaft während der Wundversorgung in Unterzahl spielt. Anders ist die Situation beim Eishockey: Hier kann der verletzte Spieler in der Kabine behandelt und später wieder eingewechselt werden. Beim Boxen ist der Verschluss von blutenden Platzwunden sogar einer speziellen Berufsgruppe vorbehalten, den „Cutmen“. Ihre Aufgabe besteht darin, die menschliche Haut trotz Schwellungen und Rissen über die nächsten Minuten eines Kampfes zusammenzuhalten, sodass der Boxer nicht wegen einer Verletzung aufgeben muss [5]. Dabei wird oft das in Deutschland zur Gefäßverengung (z.B. bei Blutungen) zugelassene Epinephrin in einer Verdünnung von 1:1000 lokal angewendet, entweder in Form einer Lösung oder als halbfeste Zubereitung auf Vaseline-Basis. Schwer zu behandeln sind Cuts, bei denen die Haut blitzartig in mehreren Richtungen gerissen ist, und Wunden mit direkter Verletzung eines Blutgefäßes.
Bei der Versorgung von blutenden Wunden abseits des Platzes und außerhalb des Rings in der Apotheke muss sich das Team im Klaren darüber sein, dass nur Erste Hilfe geleistet, keinesfalls aber Heilkunde (z.B. Auftragen von Betaisodona-Salbe) ausgeübt werden darf [6], sondern in schwereren Fällen an einen Arzt verwiesen werden muss. Welche Methoden des Wundverschlusses möglich sind und wie sie durchgeführt werden, erfahren Sie in diesem Heft ab Seite 48. Als medizinische Monatsschrift möchten wir Pharmazeuten über ärztliche Fertigkeiten aufklären – dieses Mal unter Einblick in die chirurgische Praxis. Im Anschluss daran lesen Sie ein Update zum Wundstarrkrampf (S.57); der Tetanus-Impfschutz wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) für alle Personen empfohlen.
Übrigens würden wir uns als MMP-Redaktion freuen, Sie auf der Interpharm am 6./7.März in Hamburg zu treffen. Kommen Sie vorbei!
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