Zecken lauern überall


Dr. Bettina Krieg, Stuttgart

Wenn in Haus- und Schrebergärten weiße Stoffbahnen über Rasen, Büsche und Blumenbeete gezogen werden, ist das Team von Professor Dr. Ute Mackenstedt von der Uni Hohenheim im Einsatz. Die Mitarbeiter der „Gartenstudie“ sammeln Zecken, zählen sie und weisen nach, mit welchen Krankheitserregern sie befallen sind. Bislang wurden für diese Studie mehr als 100 Gärten im Großraum Stuttgart durchforstet. Auch wenn die Zeckendichte jeweils unterschiedlich war – in jedem Garten wurden Zecken gefunden, unabhängig davon, ob er sich nah oder fern eines Waldes befand, innerhalb eines Ortes oder am Rand der Bebauung lag und wieviel Mühe die Besitzer in seine Pflege steckten [4]. Die Botschaft: Zecken lauern nicht nur in fernen Waldgegenden, sondern fast überall. Und mit ihnen die Gefahr, sich durch einen Zeckenstich mit den Erregern der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) oder der Lyme-Borreliose zu infizieren.

Für die eine Erkrankung gibt es keine spezifische Therapie, für die andere keine Impfung. Während derzeit tatsächlich kein antiviraler Wirkansatz gegen die Erreger der FSME existiert, gab es in den USA schon einmal einen Impfstoff gegen Lyme-Borreliose. Dessen Marktrücknahme 2002 war allerdings mit einigen Verwicklungen verbunden, die bis heute nachwirken.

Lymerix® der Firma GlaxoSmithKline erhielt 1999 die FDA-Zulassung. Als Antigenstruktur des Impfstoffs diente das Lipoprotein OspA (Outer surface protein A) von Borrelia burgdorferi sensu stricto, dem in den USA vorherrschenden Erreger [1]. Kurze Zeit nach der Zulassung jedoch kam in Fachpublikationen – begleitet von starkem Medieninteresse – die Frage auf, ob die Impfung mit einem erhöhten Risiko einer autoimmun vermittelten Arthritis verbunden ist [2]. Begründet wurde diese Hypothese damit, dass Teile des OspA-Proteins homologe Sequenzen zu einem körpereigenen Protein aufweisen. Obwohl eine FDA-Kommission 2001 keine Evidenz für diesen Zusammenhang sah, gingen die Verkaufszahlen stark zurück. Zudem drohten Impfgegner mit Prozessen. Letzten Endes nahm GSK den Impfstoff freiwillig „wegen zu geringem Absatz“ vom Markt.

Eine weitere Schwierigkeit in den USA ergab sich, da wenig Einigkeit über die Notwendigkeit einer Borreliose-Impfung bestand. Als „Yuppie-Vaccine“ verschrieen, galt der Impfstoff teilweise eher als Luxus für besonders ängstliche Menschen denn als nützlich für die öffentliche Gesundheit [3]. Doch sollten angesichts steigender Inzidenzen nicht auch Menschen in besonders gefährdeten Gebieten die Option haben, sich gegen Lyme-Borreliose impfen zu lassen – so wie es bei der FSME möglich ist?

An der Geschichte von Lymerix® lässt sich ablesen, wie sensibel das Thema Impfstoffe nach wie vor ist und wie viele Aspekte in die Abwägung des Für und Wider einer Impfung eingehen. Vor allem aber zeigt sich, wie wichtig eine objektive und umfassende Aufklärung der Öffentlichkeit über Nutzen und Risiken einer Impfung ist – eine Aufgabe, zu der auch Apotheker einen wichtigen Beitrag leisten können.

Zurück zu den durch Zecken übertragbaren Krankheiten. Zwar verlaufen FSME und Lyme-Borreliose nur selten tödlich, dennoch können sie mit langwierigen Verläufen und erheblichen Komplikationen einhergehen.

Vor allem bei der Lyme-Borreliose mit ihren oftmals unspezifischen Symptomen können Diagnosestellung und Therapieentscheidung schwierig sein. Vermutlich ist dies auch einer der Gründe, warum die Neufassung der Leitlinie zu kutanen Manifestationen der Lyme-Borreliose immer wieder verschoben wird, sodass dieses Schwerpunktheft nun doch nicht zeitgleich mit der aktualisierten Leitlinie erscheinen kann.

Die Beiträge in diesem Heft sollen Ihnen den nötigen Hintergrund liefern, um Ihre Kunden über FSME und Lyme-Borreliose sowie über die aktuellen Impfempfehlungen aufzuklären. Da es einen umfassenden Impfschutz gegen durch Zecken übertragbare Krankheiten bis auf weiteres nicht geben wird und die Verbreitung der Zecken zunimmt, bleibt eine zentrale Aussage in der Beratung: Wichtig ist vor allem die Vermeidung von Zeckenstichen, und entsprechende Schutzmaßnahmen sind selbst im heimischen Garten notwendig.

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