Dr. Maja M. Christ, Stuttgart
Wer bekommt nicht ein beklommenes Gefühl bei dem Gedanken: Was soll im Falle meines Todes mit meinem Körper geschehen? Haben Sie sich schon entschieden, ob Sie dann vielleicht Teile Ihres Körpers für eine Transplantation zur Verfügung stellen möchten?
Gegen die Entscheidung, als potenzieller Organspender zur Verfügung zu stehen, können verschiedene persönliche Gründe sprechen – auch religiöser Natur – oder ethische Bedenken. Kümmern sich Ärzte möglicherweise weniger gut um einen Patienten, wenn sie wissen, dass sie seine Organe danach weitergeben können? Ab wann gilt man überhaupt als tot? War früher der Herzstillstand als Eintritt des Todes anerkannt, gilt heute mit den Fortschritten der Medizin der „irreversible Hirnfunktionsausfall“ (IHA) als sicheres Todeszeichen. Mehr über den IHA erfahren Sie in der Übersicht von Stefanie Förderreuther, München, ab S. 324.
Was spricht für die Entscheidung zur Organspende? Möglicherweise folgende Zahlen der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO): Allein in Deutschland warten mehr als 10000 Menschen auf ein Spenderorgan [2]. Von den 8000 Patienten, die eine neue Niere benötigen, wird allerdings nicht einmal die Hälfte eine erhalten [2]. Dabei hat die Transplantationsmedizin in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte gemacht. Seit 1963 wurden allein in Deutschland mehr als 120000 Organe transplantiert, so die DSO. Und transplantierte Patienten haben heute eine deutlich bessere Lebenserwartung als früher. Besonders hoch ist die Erfolgsquote bei der Übertragung von Nieren: Nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) funktionieren ein Jahr nach der Operation bis zu 90% der Spendernieren, nach fünf Jahren noch bis zu 77%. Wie sich eine Abstoßung verhindern lässt, erläutern Severin Lempp und Vedat Schwenger, Stuttgart, in ihrem Übersichtsbeitrag.
Allerdings kommen nur die wenigsten Patienten, die in einem Krankenhaus sterben, überhaupt als Spender infrage. Schätzungen zufolge tritt bei etwa 1% von 400000 im Krankenhaus gestorbener Menschen der Hirntod vor dem Herzstillstand ein [1]. Nachdem vor einigen Jahren bekannt wurde, dass in einzelnen deutschen Transplantationszentren Wartelistendaten manipuliert wurden, gab es zudem einen deutlichen Einbruch der Organspenderzahlen. Als Folge wurden die Kriterien für Transplantationen zusätzlich verschärft: Seit Dezember 2012 entscheidet in allen Transplantationszentren eine interdisziplinäre Transplantationskonferenz über die Aufnahme in die Wartelisten und wie diese geführt werden. Axel Rahmel, Frankfurt am Main, Medizinischer Vorstand der DSO, beschreibt ab S. 328 die genauen Abläufe der Prozeduren.
Wie Sie sich persönlich auch entscheiden – eine Entscheidung sollten Sie treffen. Seit 2012 gilt in Deutschland in Bezug auf Organspenden die sogenannte Entscheidungslösung. Das bedeutet: Jeder Bürger soll regelmäßig in die Lage versetzt werden, sich mit der Frage der eigenen Entscheidung zur Organspende ernsthaft zu befassen und eine Erklärung zu dokumentieren. Auch die Krankenkassen und privaten Krankenversicherungsunternehmen sollen ihre Mitglieder zum Thema Organ- und Gewebespende informieren. Ob (und wenn ja, welche Organe oder Gewebe) man spenden möchte, ist aber jedem persönlich überlassen. Mit der Entscheidungslösung geht Deutschland einen ganz eigenen Weg. In den meisten Ländern gilt die Widerspruchsregelung: In Österreich, Frankreich und vielen weiteren Ländern wird erwartet, dass jeder, der eine Organspende für sich ablehnt, seinen Widerspruch dokumentiert [1, 2]. Geschieht das nicht, kann nach Feststellung des Todes eine Organentnahme durchgeführt werden. Andere Länder, darunter die Niederlande oder die USA, haben den Weg der Zustimmungslösung gewählt: Der Verstorbene muss einer Organentnahme zu Lebzeiten zugestimmt haben. Liegt keine Zustimmung vor, entscheiden die Angehörigen.
Laut BZgA besaßen im letzten Jahr 32% der Deutschen einen Organspendeausweis. Drei Viertel von ihnen stimmten einer Organ- und Gewebespende nach dem Tod zu, 18% widersprachen ihr und 4% übertrugen die Entscheidung auf eine andere Person [1].
Ich habe mich entschieden und einen Organspendeausweis ausgefüllt. Mit meinen persönlichen Wünschen. Schon allein, um meiner Familie diese Entscheidung abnehmen zu können – sollte der (relativ unwahrscheinliche) Fall eintreten, dass sie in diese Situation kommt.
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