Dr. Bettina Krieg, Stuttgart
Im Herbst 2015 sorgte die EMPA-REG-Outcome-Studie mit Empagliflozin für großes Aufsehen [7]: Zum ersten Mal konnte für ein neues Antidiabetikum eine Senkung des kardiovaskulären Risikos gezeigt werden. Und das, nachdem zuvor mehrere dieser Wirkstoffe unter den Verdacht gefallen waren, negative Auswirkungen auf das kardiovaskuläre System zu haben; allen voran der Insulinsensitizer Rosiglitazon. Was es wirklich auf sich hat mit den makrovaskulären Effekten von Antidiabetika, ist bis heute nicht endgültig geklärt. Auch die Ursache für die kardiovaskuläre Übersterblichkeit unter Rosiglitazon konnte bislang nicht gefunden werden.
Wie so oft spielte auch hier eine Rolle, von welcher Perspektive man auf den Wirkstoff schaute: Während Nissen und Wolski in einer Metaanalyse eine signifikante Zunahme von Myokardinfarkten unter Rosiglitazon-Therapie fanden [5], ergab eine Interimsanalyse der RECORD-Studie, an der auch der Hersteller GlaxoSmithKline beteiligt war, keine signifikante Erhöhung des Herzinfarktrisikos [5]. Woraufhin Nissen und Wolski auch die RECORD-Daten in ein Update ihrer Analyse einbezogen, ohne dass sich ihre ursprüngliche Aussage entschieden änderte [6].
Unterschiedlich waren auch die Konzequenzen, die aus den verfügbaren Daten gezogen wurden: In Europa wurde Rosiglitazon 2010 vom Markt genommen, auf den es bis heute nicht zurückgekehrt ist [1]. In den USA hingegen war der Wirkstoff weiterhin erhältlich, wenn auch unter strikten Verordnungsbeschränkungen [2]. 2013 wurden diese allerdings weitestgehend gelockert, da aktuelle Analysen den Verdacht auf kardiovaskuläre Risiken entkräftet hätten [3].
Die Kontroverse um Rosiglitazon zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, die Studienlage zu überblicken, Studien differenziert zu betrachten und miteinander in Verbindung zu setzen. Genau dieses Ziel verfolgt Prof. Ingo Rustenbeck ab S. 489. In seinem Beitrag geht es nicht um einzelne Wirkstoffe, sondern um die übergeordnete Frage, welche Evidenz bezüglich der Wirksamkeit einer HbA1c-Senkung besteht. Mit anderen Worten: Was ist überhaupt dran am Grundsatz der Diabetestherapie, über eine Senkung des Blutzuckerspiegels Spätfolgen eines Diabetes mellitus verhindern zu wollen? Schritt für Schritt führt der Beitrag durch die Geschichte der großen Diabetes-Studien. Dabei wird deutlich, wie wichtig eine Unterscheidung zwischen den Outcomes für mikro- und makrovaskuläre Endpunkte ist. Ganz abgesehen davon, dass sich auch am Beispiel des HbA1c die Problematik von Surrogatparametern zeigt.
Gegen Ende schlägt Prof. Rustenbeck wieder den Bogen zu Empagliflozin und stellt eine Hypothese auf, welcher Effekt jenseits der HbA1c-Senkung mit dem kardiovaskulären Benefit dieses Wirkstoffs in Zusammenhang stehen könnte …
Ein Beitrag, der, wie ich finde, dazu motiviert, auch mal um die Ecke zu denken und scheinbar Altbekanntes (nicht nur in der Diabetes-Therapie) auf den Prüfstand zu stellen. In diesem Sinne wünsche Ihnen eine anregende Lektüre der aktuellen MMP.
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