Dr. Tanja Saußele, Stuttgart
Kopf eines Hakenwurms (mikroskopisches Bild; 400-fache Vergrößerung) Foto: CDC/ Dr. Mae Melvin
Die Abwesenheit bestimmter Infektionen, vor allem während der Kindheit, soll laut Hygienehypothese zu einem erhöhten Risiko von Allergien und Autoimmunerkrankungen führen. Bei der Reifung des Immunsystems spielt die Exposition gegenüber Darmbesiedlern, von Mikrobiotika bis parasitären Organismen, eine Rolle.
Eine Wurminfektion führt beispielsweise zur Aktivierung von T-Helferzellen vom Typ Th2. Diese produzieren wiederum Interleukine.
Es fanden bereits Therapieversuche und Studien mit Eiern des Schweinepeitschenwurms (Trichuris suis) bei Patienten mit Morbus Crohn statt. Wegen eines fehlenden Wirksamkeitsnachweises wurden weitere Studien allerdings abgebrochen.
In einer doppelblinden und randomisierten Phase-II-Studie wurde nun die Behandlung mit Hakenwürmern (Necator americanus) bei Patienten mit schubförmig remittierender multipler Sklerose (MS) untersucht.
71 Patienten erhielten randomisiert entweder 25 Larven von Necator americanus transkutan oder Placebo (1 : 1). Zwischen Monat 3 und 9 drei nach der Behandlung wurden alle vier Wochen MRT-Scans durchgeführt sowie nach Monat 12. Primärer Endpunkt war die kumulative Zahl neuer oder vergrößerter T2-Läsionen oder neuer T1-Läsionen nach neun Monaten. Sekundärer Endpunkt war der Prozentsatz bestimmter regulatorischer T-Zellen im Blut.
Die mediane kumulative Zahl der neuen Läsionen im MRT ergab keinen Unterschied zwischen den beiden Behandlungsgruppen. Allerdings hatten bei den Patienten, die die Würmer erhielten, mehr Patienten gar keine MRT-Aktivität (51,4 vs. 27,8%). Beim sekundären Endpunkt war bei der Wurm-Gruppe ein signifikant höherer Anstieg regulatorischer T-Zellen zu verzeichnen (4,4 vs. 3,9 %, p = 0,01). Unerwünschte Arzneimittelwirkungen traten in beiden Behandlungsgruppen gleich häufig auf. Nur an der Hautstelle, wo die Larven verabreicht wurden, traten im Vergleich zu Placebo mehr Beschwerden auf (82 vs. 28 %).
Die Behandlung mit den Hakenwürmern wurde zwar gut toleriert, der primäre Endpunkt, keine neuen oder keine größere Läsionen im MRT, wurde jedoch nicht erreicht. Die Zahl regulatorischer T-Zellen wurde aber erhöht, was den immunmodulatorischen Effekt der Hakenwürmer zwar zu bestätigen scheint, aber keine Aussage über die klinische Relevanz zulässt.
MS-Experten von MS-Center der Cleveland Clinic in Ohio, USA, kommentieren die Studienergebnisse in einem Editorial sogar mit dem Titel „Lasst die Würmer im Schlamm“.
Ihre Zugangsdaten
Sie haben noch keine Zugangsdaten, sind aber MMP-Abonnent?
Registrieren Sie sich jetzt:
Nach erfolgreicher Registrierung können Sie sich mit Ihrer E-Mail Adresse und Ihrem gewählten Passwort anmelden.