Cabotegravir/Rilpivirin als Langzeitdepottherapie bei HIV

„Long Acting“ ist ohne Zweifel ein innovatives, zukunftsweisendes Konzept in der HIV-Therapie. Die Zweifach-Therapie aus dem Integrasehemmer Cabotegravir (Vocabria^®) und dem NNRTI Rilpivirin (Rekambys^®) als intramuskuläres Depot dürfte vor allem für jene PatientInnen interessant sein, die (leider immer noch) große Angst haben, dass ihre HIV-Infektion in der Familie, bei Freunden oder Mitbewohnern bekannt wird. Diese Menschen werden nur zu bereitwillig alle 4–8 Wochen in die HIV-Praxis kommen, um sich die Spritzen abzuholen. Umfragen zufolge nähmen jedoch auch viele andere PatientInnen die Injektionen in Kauf – einfach um sich die restlichen Tage im Monat nicht um die tägliche Tabletteneinnahme kümmern zu müssen.

Aber gilt dies auch nach sorgfältiger Aufklärung? Die neue Depot-Therapie birgt im Alltag eine ganze Reihe potenzieller Probleme. Der logistische Aufwand ist nicht unerheblich und nicht im Vergütungssystem der Vertragsärzte abgebildet. Die Medikamente müssen kühl in der Apotheke gelagert und vor der Anwendung auf Raumtemperatur (nicht über 25 °C) gebracht werden. Jeweils zwei tief intramuskuläre Injektionen von 2–3 ml pro Monat sind durchaus planungs- und arbeitsintensiv, nicht frei von Risiken und auch nicht schmerzfrei. Im Anschluss an die Gabe sollen die PatientInnen einige Minuten überwacht werden. Unterschiedliche Dosierungen alle 4 bzw. 8 Wochen sind eine mögliche Fehlerquelle. Das Management zu Beginn und bei Beendigung einer solchen Therapie, bei verspäteter Gabe oder bei potenziellen Interaktionen ist komplex, teilweise auch noch ungeklärt. Ebenso unklar ist bislang, ob und welche Patientengruppen ein erhöhtes Risiko für ein Therapieversagen haben. Den Zulassungsstudien nach könnte dies vor allem bei vorbestehenden Resistenzen der Fall sein, aber interessanterweise auch beim HIV-Subtyp A und bei Übergewicht. Plausible Erklärungen dafür fehlen.