Dr. Tanja Saußele, Stuttgart
Foto: Ferdinando Iannone
Kennen Sie den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“? Der TV-Wettermann Phil Connors muss ein paar Tage in der Provinz Punxsutawney verbringen, um über den Murmeltiertag zu berichten. Doch plötzlich ist er dazu verdammt, denselben Tag immer wieder neu zu durchleben. Dies erinnert an die Meldungen der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) und des Bundesamts für Risikobewertung (BfR) zum Thema Vitamin D. Immer wieder werden Fälle einer schädlichen Überdosis geschildert und erst Ende Oktober letzten Jahres machte das BfR erneut darauf aufmerksam, dass hochdosierte Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin D die Gesundheit langfristig beeinträchtigen können [1]. Eine Supplementierung mit mehr als 20 µg (800 I. E.) pro Tag ist ohne ärztliche Kontrolle nach den DACH-Referenzwerten der Deutschen Gesellschaft für Ernährung nicht indiziert. Zwar gehen die Empfehlungen der European Society for Clinical Nutrition and Metabolism (ESPEN) hier einen Schritt weiter und sprechen sich für eine höhere Zufuhrempfehlung bei Personen mit einem Risiko für eine Unterversorgung aus, aber erst nach einer Bestimmung des Vitamin-D-Status [2]. Welche Werte genau bestimmt werden sollen und ab wann man von einem Vitamin-D-Mangel spricht, erfahren Sie im Artikel „Vitamin D in Prävention und Therapie – ein Überblick“ von Professor Dr. Sibylle Adam, Hamburg, ab Seite 52.
Bei einem nachgewiesenen Vitamin-D-Mangel steht eine zeitlich begrenzte hochdosierte Gabe außer Frage. Aber weshalb werden dann immer wieder hochdosierte Vitamin-D-Präparate – ohne Nachweis eines Mangels – eingenommen oder sogar empfohlen?
Das BfR weist darauf hin, dass in klinischen Studien gezeigt wurde, dass zusätzliche Vitamin-D-Gaben von 100 µg (4000 I. E.) pro Tag über einen längeren Zeitraum im Vergleich zu Placebo oder niedrigeren Vitamin-D-Dosen die Knochendichte bei älteren Frauen sogar verringern und das Risiko für Stürze erhöhen können. Auch die Herzfunktion bei herzkranken Personen kann sich durch die hohen Dosen verschlechtern.
Hinzu kommt die Kombination mit Vitamin K. In den letzten Jahren sind Kombinationspräparate mit Vitamin D wie Pilze aus der Erde geschossen. Den Verbrauchern wird suggeriert, dass sich die kombinierte Einnahme beider Vitamine besser auf die Knochengesundheit auswirken könnte als die alleinige Gabe von Vitamin D. Hierfür oder gar für die Vermeidung einer Osteoporose liegt derzeit jedoch keine hinreichende Evidenz vor. Laut aktueller S3-Leitlinie „Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei Männern ab dem 50. Lebensjahr“ solle zwar für eine ausreichende Versorgung mit Vitamin K gesorgt werden, „Vitamin K2 soll (jedoch) nicht zur spezifischen Therapie der Osteoporose verwendet werden“ [3]. Zu beachten ist außerdem das Interaktionsrisiko mit Antikoagulanzien vom Cumarin-Typ. Hier kursieren die abstrusesten Behauptungen, zum Beispiel, dass das „pflanzliche“ Vitamin K ja hier keine Rolle spiele – und das sogar von Ärzten.
Und wieder kommt unsere Beratungskompetenz ins Spiel. Sei es bei der Abgabe und (Nicht-)Empfehlung von Nahrungsergänzungsmitteln oder auch beim Medikationsmanagement. Weiter ins Detail geht es dann im klinisch-pharmazeutischen Fall „Patient mit terminaler Niereninsuffizienz“ auf den Seiten 62 ff., wo eine Substitution mit Vitamin D nicht wirksam ist. Hier lohnt es, sich die Synthese von Vitamin D mit den beteiligten Organen noch einmal vor Augen zu führen.
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