SARS: wie wurde es verbreitet?


Susanne Heinzl

SARS, das schwere akute respiratorische Syndrom, hat in den letzten Wochen die Schlagzeilen beherrscht. Die Angst ist unter anderem deshalb so groß, weil sich diese Erkrankung durch die moderne Reisegesellschaft rasch über verschiedene Kontinente ausgebreitet hat. Manche Reaktionen sind allerdings angesichts einer Letalität von etwa 5 bis 6 % etwas irrational, die Letalität der Influenza ist zum Beispiel deutlich höher.

Vermutet wird, dass ein Geschäftsmann aus der chinesischen Provinz Guangdong im November 2002 der erste SARS-Patient war. International beachtet wurde er aber nicht, diese Aufmerksamkeit wurde erst einem an SARS erkrankten Arzt aus Guangdong zuteil, der in einem Hotel in Hongkong übernachtete. Zwölf andere Gäste des Hotels wurden infiziert, sieben davon hatten ihr Zimmer wie der Arzt im neunten Stockwerk des Hotels. Diese Hotelgäste sorgten nun für die erste große Verbreitung des Erregers, sie nahmen die Erkrankung nach Vietnam, Singapur, Kanada, Irland und in die USA mit.

Beim 13. Europäischen Kongress für Klinische Mikrobiologie und Infektionskrankheiten, der vom 10. bis 13. Mai in Glasgow stattfand, berichtete in einem aus aktuellen Gründen eingeschobenen Symposium Dr. Donald Low über die kanadischen Erfahrungen mit SARS, speziell über die Verbreitung der Erkrankung in Toronto.

Die erste SARS-Patientin in Toronto hatte zusammen mit ihrem Ehemann vom 13. bis 23. Februar ihre Familie in Hongkong besucht und drei Tage im neunten Stock des Hotels gewohnt, in dem auch der infizierte Arzt übernachtete. Nach der Rückkehr erkrankte die Frau an einer Infektion, sie verstarb am 5. März zu Hause. Ihre Wohnung in Toronto teilte das Ehepaar mit zwei Söhnen, einer Schwiegertochter und einem Enkelsohn. Dann erkrankte ein Sohn (43 Jahre), der ins Krankenhaus kam – fünf Mitarbeiter der Intensivstation wurden angesteckt. Fall 8 war als Herzpatient in der Klinik vom Sohn auf der Intensivstation angesteckt worden, ein weiterer Fall hatte die Familie besucht. Fall 8 wiederum steckte zwei Mitarbeiter des medizinischen Personals, einen Feuerwehrmann, vier Mitarbeiter der Notfallaufnahme und einen Anästhesisten an.

So verbreitete sich die Erkrankung sehr rasch in der Stadt und in den verschiedenen Krankenhäusern. Die rasche Verbreitung wurde dadurch begünstigt, dass die Natur der Krankheit zunächst überhaupt nicht bekannt war und keinerlei Vorsichtsmaßnahmen eingehalten wurden. Zudem durchbrach mindestens ein Erkrankter die Quarantänebestimmungen und steckte über 20 weitere Personen an. Letztendlich vermittelte der Bericht von Low, wie dicht in diesem Fall Glück und Pech beieinander lagen. In Deutschland hatten wir vermutlich das Glück, dass die infektiöse Natur der Erkrankung bekannt war, als der „Frankfurter Patient“ aus Singapur eintraf. Low meinte am 11. Mai in Glasgow, das man SARS in Toronto vermutlich „im Griff“ habe, denn seit zwei Wochen sei kein neuer Fall aufgetreten. Dass das nicht stimmte, wissen wir inzwischen.

Dr. Christian Drosten aus dem Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg berichtete über die Entdeckung des neuen Corona-Virus. Die internationale Zusammenarbeit der Wissenschaftler hat in diesem Fall gut funktioniert. Bleibt zu hoffen, dass die Erkenntnisse zur Prophylaxe und zur geeigneten Therapie auch so rasch zunehmen.

Aktuelle Informationen zu SARS unter www.rki.de

Dr. Donald Low,
Toronto

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