Tab. 1. Häufigkeit einer Rhabdomyolyse/10 000 Personenjahre Therapie mit Lipidsenkern [Graham J, et al. JAMA 2004;292:2582–90]
Monotherapie |
Inzidenz |
Kombination |
Inzidenz |
Cerivastatin |
5,34 (1,46–13,68) |
Cerivastatin + Gemfibrozil |
1 035 (389–2 117) |
Atorvastatin |
0,54 (0,22–1,12) |
Atorvastatin + Fenofibrat |
22,45 (0,57–125) |
Simvastatin |
0,49 (0,06–1,76) |
Simvastatin + Gemfibrozil |
18,73 (0,47–104) |
Pravastatin |
0 (0–1,11) |
||
Fenofibrat |
0 (0–14,58) |
Fenofibrat + Atorvastatin |
16,86 (0,43–93,6) |
Gemfibrozil |
3,7 (0,76–10,82) |
Gemfibrozil + Cerivastatin |
789 (166–2 138) |
Letzten Herbst verunsicherte die Marktrücknahme von Rofecoxib die Pharmaszene. Im August 2001 war es die Marktrücknahme von Cerivastatin. Nun erschien Anfang Dezember 2004, also über drei Jahre später, in JAMA eine große Untersuchung zur Inzidenz der Rhabdomyolyse bei Patienten, die mit CSE-Hemmern behandelt wurden. Von 252 460 Patienten, die einen Lipidsenker erhielten, mussten 24 wegen einer Rhabdomyolyse hospitalisiert werden. 16 dieser Patienten hatten eine Monotherapie mit einem CSE-Hemmer oder Gemfibrozil erhalten, 8 waren mit einer Kombination aus CSE-Hemmer und Fibrat behandelt worden. Hieraus errechneten sich die in Tabelle 1 aufgeführten Inzidenzraten. Das Risiko ist also für eine Monotherapie mit Atorvastatin, Simvastatin, Pravastatin und Fenofibrat gering, es ist etwas höher für Gemfibrozil und Cerivastatin. Bei Kombinationstherapie steigen die Inzidenzzahlen deutlich.
In der gleichen Ausgabe der JAMA attackieren Bruce Psaty, Carl Furberg et al. das amerikanische System zur Überwachung der Arzneimittelsicherheit nach Markteinführung eines Produkts. Im Gegensatz zu den strengen Auflagen für die Zulassung habe die Postmarketing-Surveillance nur wenig Struktur. Der Zulassungsprozess schaffe eine „Evidenz-freie Zone“ nach der Markteinführung einer neuer Substanz. Pharmafirmen würden häufig Postmarketing-Studien versprechen, um eine Zulassung zu erhalten, in der Praxis würde aber die Hälfte dieser versprochenen Studien gar nicht begonnen werden.
Die Food and Drug Administration (FDA) verlangt nach Markteinführung nur, dass die Pharmafirmen alle vermuteten Nebenwirkungen (suspected adverse drug reactions – SADR) für die FDA sammeln, beurteilen und ihr berichten. Sowohl Pharmafirma als auch FDA können die Daten analysieren und entsprechende Maßnahmen veranlassen, allerdings bleibt nach den FDA-Regularien völlig unklar, wer derartige Maßnahmen initiieren muss.
Hinzu kam, dass in den späten 80er Jahren der Druck auf die Zulassungsbehörde wegen zu langer Zulassungsverfahren zunahm. Konsequenz war, dass Pharmafirmen über eine Gebühr zusätzliches Personal für die FDA finanzieren mussten, um die Verfahrenszeiten zu verkürzen. Dieses Geld der Pharmafirmen durfte aber nicht für Postmarketing-Surveillance oder andere Arzneimittelsicherheitsprogramme ausgegeben werden. Auch von staatlicher Seite gab es hierfür kein Geld, obwohl viele neue Substanzen weltweit zum ersten Mal in den USA auf den Markt gebracht wurden. Damit lag die Verantwortung für die Postmarketing-Surveillance zunehmend bei den Pharmafirmen. Aber, so kritisieren Psaty et al. weiter, die Pharmafirmen informieren Patienten und Ärzte nicht ausreichend über ihnen bekannt gewordene Risiken. So habe Bayer Daten zu Rhabdomyolyse durch Cerivastatin nicht publik gemacht.
Ein Lob gibt es zum Schluss für die europäischen Zulassungsregularien, weil dort die Zulassung alle fünf Jahre überprüft werden muss. Zudem könnten mit der in Europa erhobenen Postmarketing-Gebühr entsprechende Sicherheitsprogramme finanziert werden.
Die Antwort auf die Frage im Titel lautet also: Im Prinzip ja, es kommt halt darauf an, wer sie bezahlt, wann und wo sie durchgeführt wird.
Susanne Heinzl
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