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Prof. Dr. Paul Goss, Direktor des Brustkrebszentrums am Massachusetts General Hospital in Boston. Sein klinischer Forschungsschwerpunkt ist die Hormontherapie des Brustkrebses. So leitete er unter anderem die BIG-1-98-Studie, eine randomisierte, doppelblinde Phase-III-Studie, die gezeigt hatte, dass der Aromatasehemmer Letrozol (Femara®) bei postmenopausalen Frauen mit frühem Brustkrebs das krankheitsfreie Überleben im Vergleich zum Estrogen-Rezeptorantagonisten Tamoxifen (z. B. Nolvadex®) signifikant verbessert.
Die schlechte Nachricht: Brustkrebs wird immer häufiger, vor allem in den hochindustrialisierten Ländern. Die gute Nachricht: Die Sterblichkeit durch Brustkrebs sinkt, weil die Erkrankung früher erkannt und zielgerichteter behandelt werden kann. Interessant ist die Beobachtung, dass die Brustkrebs-Häufigkeit mit der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes korreliert. Die Häufigkeit von Brustkrebs steigt starkt in Ländern, die sich in Richtung moderne Industrienation entwickeln. Problematisch daran ist, dass in diesen Schwellenländern die Gesundheitsversorgung nicht entsprechend ausgebaut ist und die Frauen dann nicht adäquat diagnostiziert und behandelt werden können, so Prof. Dr. Paul Goss, Boston, in einem Gespräch mit Journalisten am 30. Mai 2007 im Massachusetts General Hospital in Boston.
Lokale, regionale und systemische Therapieformen haben sich in den letzten Jahren dramatisch verbessert. So hat sich, wann immer möglich, die brusterhaltende Operation durchgesetzt. Erste Daten deuten darauf hin, dass bei einer Paravertebralanästhesie das Rückfallrisiko geringer ist. Bestrahlungen sind sehr viel genauer mit besseren Geräten möglich, die Patientin wird dadurch weniger belastet.
Im Mittelpunkt des Geschehens beim Brustkrebs steht nach Goss das Hormon Estrogen. Estrogen ist der Angriffspunkt für die Prävention und für die Therapie. Wird Estrogen mit einer einfachen oralen Therapie gehemmt, nimmt man dem Mammakarzinom „das Gas weg“. Möglicherweise spielt auch bei Estrogen-Rezeptor-negativen Frauen nach einer gewissen Zeit Estrogen eine wichtige Rolle.
Seiner Ansicht nach müssen Frauen nach Brustkrebs 10 Jahre und mehr, eventuell auch lebenslang mit einem Aromatasehemmer behandelt werden. Wegen der Gefahr der Resistenzentwicklung sollte diese lebenslange Therapie aber nicht kontinuerlich, sondern phasenweise eingesetzt werden.
Und, so fragte Goss, warum sollte man nicht auch schon vor längerer Zeit Erkrankten die neuen Erkenntnisse zugute kommen lassen und auch im späteren Verlauf der Nachbeobachtungszeit eine antiestrogene Therapie noch beginnen?
Klar ist für Paul Goss, dass die Therapie immer individueller wird. Für die gezielte Therapie befinden sich mehr als 200 Substanzen in der Entwicklung. Sie greifen an verschiedenen Rezeptoren und an unterschiedlichen Stoffwechselwegen an. Weil der Organismus beim Verschluss des einen Weges aber immer Ausweichwege sucht, rät Goss, eine unwirksame Therapie nicht abzusetzen, sondern eine weitere gezielte Therapie zusätzlich zu geben. Er prognostizierte, dass eine Frau mit Brustkrebs in 30 Jahren mit bis zu 200 Arzneimitteln behandelt werden könnte. Wenn es jedoch gelänge, die Hauptangriffspunkte zu finden und an diesen wirksam anzugreifen, könnten möglicherweise 8 bis 10 Medikamente reichen.
Eine große Unbekannte ist bislang die Tumorlatenz. Was veranlasst das Tumorgewebe, vom „Schlafzustand“ in Wachstum und Bedrohung überzugehen? Die Trigger sind nach wie vor völlig unbekannt: „The mystery of cancer lies in tumor dormancy“, so Goss.
Dabei ist das allgemeine Wohlbefinden der Patientin wichtig. Körperliche Aktivität, psychisches und physisches Befinden, weitere Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Bluthochdruck, körpereigene Rhythmen und Krebsrhythmus, alles wirkt sich auf den „Schlaf“ der Krebszelle aus. Bleibt zu hoffen, dass eines Tages auch diese Regulationsmechanismen verstanden werden können.
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