Heike Oberpichler-Schwenk
Quellen
Wiviott SD, et al. Prasugrel versus clopidogrel in patients with acute coronary syndromes. N Engl J Med 2007;357:2001–15.
Wallentin L, et al. Ticagrelor versus clopidogrel in patients with acute coronary syndromes. N Engl J Med 2009;361:1045–57.
Schömig A. Ticagrelor – is there need for a new player in the antiplatelet-therapy field? N Engl J Med 2009;361:1108–11.
Der Titelbeitrag dieses Hefts beschäftigt sich mit pharmakokinetischen Interaktionen, einem Thema, das angesichts der verbreiteten gleichzeitigen Einnahme mehrerer Arzneistoffe von Bedeutung ist. Ein aktuelles Beispiel ist die potenzielle Wirkungsabschwächung von Clopidogrel durch Protonenpumpenhemmer, die kürzlich Anlass für Rote-Hand-Briefe und eine Änderung der Fachinformation von Clopidogrel-Präparaten (z.B. Iscover®, Plavix®) war. Zur selben Zeit wurden Omeprazol und Pantoprazol in niedriger Dosierung aus der Verschreibungspflicht entlassen und stehen nun für die Behandlung von Sodbrennen und saurem Aufstoßen zur Verfügung. Bei der Beratung zur Selbstmedikation ist also auch zu klären, ob der Patient Clopidogrel einnimmt.
Der irreversible ADP-Rezeptorantagonist Clopidogrel ist indiziert zur Prävention atherothrombotischer Ereignisse bei Patienten mit Herzinfarkt, mit ischämischem Schlaganfall oder mit nachgewiesener arterieller Verschlusskrankheit sowie in Kombination mit Acetylsalicylsäure (ASS) bei akutem Koronarsyndrom. Für die Indikation akutes Koronarsyndrom erhielt Clopidogrel im Februar dieses Jahres Konkurrenz in Form von Prasugrel (Efient®), das in Kombination mit ASS bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom und primärer oder verzögerter perkutaner Koronarintervention (PCI) indiziert ist. Prasugrel ist ebenfalls ein irreversibler ADP-Rezeptorantagonist. In der Studie TRITON-TIMI 38 wurden Prasugrel und Clopidogrel bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom mit oder ohne ST-Streckenhebung und mit PCI verglichen. Der kombinierte primäre Endpunkt (kardiovaskulär bedingter Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall während einer einjährigen Beobachtung) wurde mit Prasugrel signifikant seltener erreicht als mit Clopidogrel (9,9% vs. 12,1%). Der Unterschied war hauptsächlich durch eine Abnahme des Herzinfarktrisikos bedingt, während sich in Bezug auf Schlaganfälle kein Unterschied zeigte. Die bessere Wirkung wurde mit einem höheren Risiko für größere Blutungen erkauft (2,5% vs. 1,7%).
Als weiterer Mitbewerber steht Ticagrelor (AstraZeneca) vor der Tür, das im Unterschied zu Clopidogrel und Prasugrel ein reversibler ADP-Antagonist ist. Seine thrombozytenfunktionshemmende Wirkung ist damit besser steuerbar, was zum Beispiel im Umfeld von operativen Eingriffen, insbesondere einer koronaren Bypassoperation, vorteilhaft ist. Allerdings bedeutet es auch, dass die zuverlässige regelmäßige Einnahme wichtiger ist als bei den irreversiblen Thrombozytenfunktionshemmern. In der PLATO-Studie (Study on platelet inhibition and patient outcomes) wurde Ticagrelor (Initialdosis 180 mg, dann zweimal täglich 90 mg) mit Clopidogrel (Initialdosis 300–600 mg, dann einmal täglich 75 mg) bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom verglichen. Der kombinierte primäre Endpunkt war ebenso definiert wie in TRITON-TIMI 38 und trat in der Ticagrelor-Gruppe signifikant seltener ein als in der Clopidogrel-Gruppe (9,8% vs. 11,7%; p<0,001). Dabei waren schwere Blutungen insgesamt nicht häufiger als in der Clopidogrel-Gruppe, allerdings schwere Blutungen, die nicht mit einer Bypassoperation zusammenhingen (4,5% vs. 3,8%; p=0,03). Häufiger als in der Clopidogrel-Gruppe kam es auch zu Dyspnoe und Bradyarrhythmie, was bei der Patientenauswahl berücksichtigt werden sollte. Prof. Schömig, Herzzentrum München, begrüßt die Möglichkeit zur individualisierten Antiplättchentherapie. Ticagrelor könnte sich vor allem für Patienten eignen, die wahrscheinlich eine Bypassoperation benötigen, oder bei elektiver Bypassoperation zur Überbrückung einer Clopidogrel- oder Prasugrel-Behandlung. Der Zulassungsantrag wird voraussichtlich im vierten Quartal 2009 gestellt.
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