Bewegte Zeiten für Clopidogrel
Pharmakokinetisch relevante Arzneimittelinteraktionen erkennen und vermeiden
Das Risiko für Arzneimittelinteraktionen und damit verbundenen unerwünschten Arzneimittel- wirkungen steigt mit der Anzahl gleichzeitig eingenommener Arzneimittel. Diese lässt sich aber besonders bei älteren und multimorbiden Patienten nur bedingt beschränken, so dass dem Erkennen und Vermeiden von Arzneimittelinteraktionen eine umso größere Bedeutung zukommt. Das Spektrum an möglichen Mechanismen, die pharmakokinetisch relevanten Arzneimittelinteraktionen zugrunde liegen, ist limitiert und umfasst Prozesse der Resorption, der Verteilung, des Metabolismus und der Elimination. Dabei spielen neben Komplexierungs- und Adsorptionsvorgängen während der Resorption vor allem Transportprozesse über Membranen des Darms, der Leber und der Niere sowie enzymatische Prozesse im Rahmen der Metabolisierung von Arzneistoffen eine wesentliche Rolle. Diese Prozesse können durch Arzneistoffe oder Nahrungsbestandteile induziert oder gehemmt oder durch Kompetition zweier Arzneistoffe um denselben Prozess so modifiziert werden, dass die Wirkung eines Arzneistoffs oder beider Arzneistoffe therapeutisch relevant beeinträchtigt ist. Solche Arzneimittelinteraktionen zu erkennen erfordert demnach eine genaue Kenntnis dieser Mechanismen sowie der pharmakokinetischen Eigenschaften aller verabreichten Arzneistoffe. Die sich daraus ergebenden Maßnahmen zur Erkennung und Vermeidung von Arzneimittelinteraktionen stellen wichtige Schritte zur Optimierung der Arzneimitteltherapie, zur Verbesserung des Erkrankungszustands und zur Erhöhung der Lebensqualität eines Patienten dar.
English abstract
How to identify and prevent pharmacokinetically relevant drug-drug interactions
The risk for drug-drug interactions and related adverse side effects increases with the number of simultaneously administered drugs. This number, however, can often only marginally be limited particularly in elderly, multimorbid patients suggesting that the identification and prevention of drug-drug interactions is of pivotal interest within this group of patients. The spectrum of potential mechanisms that underlie pharmacokinetically relevant drug-drug interactions is rather narrow including processes of absorption, distribution, metabolism and excretion. Besides complexation and absorption processes during drug absorption, transport through membranes of the intestine, the liver, and the kidney, as well as enzymatic drug metabolism are the main processes that are involved in drug-drug interactions. Induction or inhibition of or competition for metabolizing enzymes or drug transporters by drugs, nutritional components or food may interfere with the pharmacokinetics of one or multiple drugs in a therapeutically relevant manner. To readily identify these drug-drug interactions, detailed knowledge is needed about the underlying mechanisms as well as the pharmacokinetic characteristics of each administered drug. The resulting measures to identify and prevent drug-drug interactions thus represent pivotal steps to improve drug therapy, to impede disease progression, and to increase the patients’ quality of life.
Nephrogene systemische Fibrose
Am 24. Dezember 2008 wurde von der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA Vasovist® (Gadofosveset-Trinatrium) als erstes Kontrastmittel für die Magnetresonanzangiographie (MRA), eine minimal invasive Untersuchungsmethode der Blutgefäße, zugelassen. Gadofosveset-Trinatrium ist ein Gadolinium-haltiges Kontrastmittel, das in der EU schon seit Oktober 2005 für diese Indikation auf dem Markt ist. Seit drei Jahren wird die Verwendung Gadolinium-haltiger Kontrastmittel mit einer schwerwiegenden unerwünschten Arzneimittelwirkung in Zusammenhang gebracht. Diese seltene Erkrankung tritt ausschließlich bei stark eingeschränkter Nierenfunktion (GFR<30 ml/min/1,73 m²) auf, was sich in der Bezeichnung nephrogene systemische Fibrose widerspiegelt. Im Folgenden soll die Erkrankung, deren genaue Pathogenese noch nicht bekannt ist, in einer Übersicht dargestellt werden.
English abstract
Nephrogenic systemic fibrosis
The approval of gadofosveset trisodium as the first imaging agent for magnetic resonance angiography (MRA) by the US Food and Drug administration (FDA) in December 2008 served as a motive to review a rare serious adverse reaction possibly related to the use of gadolinium based contrast agents.
Nephrogenic systemic fibrosis (NSF) is a disabling and potentially fatal disease characterized by thickening and hardening of the skin, especially of the extremities. It is restricted to patients with renal insufficiency (estimated glomerular filtration rate [eGFR]<30 ml/min/1,73 m²). Systemic manifestations may involve skeletal muscles, lungs and myocardium. Progressive fibrosis may restrict the movement of joints, leading to contractures limiting mobility of the patients. Since the first report by Cowper and co-workers in 2000 as "skleromyxedema-like cutaneous disease in renal-dialysis patients", hundreds of cases have been published. In 2006 a possible relationship to gadolinium based contrast agents used for magnetic resonance imaging was established, especially when applied in high doses, although the exact pathophysiologic mechanisms remain unclear. Gadolinium based contrast agents bind gadolinium (Gd3+) ions into a chelate complex (GBC). It has been proposed, that due to prolonged exposure in patients with renal insufficiency Gd3+ ions may increasingly be released from the chelate. There are several theories how these unbound Gd3+ ions may initiate fibrotic changes. Macrophages, that engulf these ions, may release profibrotic cytokines by which circulating fibrocytes are attracted to the tissue. Free Gd3+ ions may also activate tissue transglutaminase, which in turn activates transforming growth factor beta (TGF-β) produced by dendritic cells. Active TGF-β attracts further dendritic cells and on the other hand stimulates skin fibroblasts to produce extracellular matrix proteins (e.g. collagen), whereas matrix degrading enzymes are decreased. The chemical structures of the chelates account for different stabilities of the GBC agents. Most cases of NSF were reported after exposure to gadodiamide or gadopentetate dimeglumine, which represent linear, non-ionic imaging agents. In contrast, macrocyclic, ionic imaging agents have rarely been associated with this disease. Although the recently FDA approved gadofosveset trisodium has a linear structure and a long plasma half life due to high protein binding, there have been no reports of NSF up to date. This may be due to the much lower doses required for this agent compared to gadodiamide (approx. 0,03 mmol/l compared to 0,2 mmol/l).
Since there is no effective therapy for NSF, the top priority is to avoid exposure to gadolinium based contrast agents in patients at increased risk. In case of renal insufficiency (eGFR <30 ml/min/1,73 m²) they should only be given if clearly necessary. After a thorough risk-benefit-assessment, the lowest possible dose should be used.
Betrachtungen zum Plazeboeffekt
Zwar nutzen Heiler, Medizinmänner und Ärzte den Plazeboeffekt – wenn auch häufig unbewusst – seit den Anfängen der Medizingeschichte, die wissenschaftliche Erforschung dieses höchst interessanten Phänomens begann jedoch erst Mitte des 20. Jahrhunderts. Aufgrund des seither entwickelten Bewusstseins, dass mit jeder Therapie zwangläufig auch Plazeboeffekte einhergehen, wurden in der klinischen Pharmakologie Plazebo-kontrollierte Studien eingeführt, um spezifische und unspezifische Wirkung eines Arzneimittels voneinander zu unterscheiden. Dabei zeigte sich, dass der Plazeboeffekt von einer Vielzahl unterschiedlicher Einflussfaktoren abhängt und demzufolge keine fixe Größe darstellt, sondern eine hohe Variabilität aufweist. Zudem konnte mithilfe modernster medizinischer Verfahren nachgewiesen werden, dass der Plazeboeffekt nicht auf bloßer Einbildung der Patienten beruht, sondern ein messbares Korrelat echter, psycho-neurobiologischer Reaktionen des Organismus darstellt.
Können Kombinationspräparate gegen Erkältung eine Sekundärinfektion begünstigen?
Wie sind Erkältungs-Kombinationen wie Aspirin® Complex, Wick® DayMed oder Grippostad® C zu beurteilen? Diese Mittel legen die Schleimhäute der Atemwege trocken, vermindern deren Sekretion. Ist es denkbar, dass dadurch der physiologische Selbstreinigungsprozess der Schleimhäute beeinträchtigt wird? Könnte dadurch bei einem banalen Schnupfen einer bakteriellen Sekundärinfektion Vorschub geleistet werden?
COPD
Bronchodilatatoren bessern Belastbarkeit und Lebensqualität, aber nicht die Progredienz der COPD
Große Studien der letzten Jahre wie auch die ärztliche Praxis haben ein Umdenken angeregt: Die Lungenfunktion greift als Messlatte für den Therapieerfolg bei chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) zu kurz. Keine Therapie – außer Rauchverzicht – stoppt ihren steten Rückgang. Vor diesem Hintergrund gewinnen patientenbezogene Endpunkte wie Atemnot, Belastbarkeit und Lebensqualität an Boden. Und diese lassen sich durchaus mit Bronchodilatatoren, inhalierbaren Glucocorticoiden und deren Kombinationen beeinflussen. Künftig sollen Tripeltherapien aus neuen ultralang wirksamen Bronchodilatatoren und inhalierbaren Glucocorticoiden die COPD-Therapie optimieren – sofern dies bezahlbar bleibt.
COPD-Therapie
Rasche und kontinuierliche Bronchodilatation mit Indacaterol
Indacaterol ist ein neues Beta2-Sympathomimetikum, das zur Behandlung der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) zur einmal täglichen inhalativen Anwendung entwickelt wurde. Indacaterol ist eine neuartige Substanz innerhalb der Beta2-Agonisten, die keine Wirkung am Herzen zeigt.
Epilepsie im Alter
Auf die richtige Wahl des Antiepileptikums kommt es an
Gerade bei alten Patienten, bei denen eine Epilepsie neu diagnositiziert wird, muss das richtige Antiepileptikum unter Berücksichtigung der eingeschränkten Kognition und Komedikation mit weiteren Arzneistoffen ausgewählt werden.
Koronare Herzkrankheit
Paclitaxel-beschichteter Ballonkatheter zur Behandlung verengter Herzkranzgefäße
Der neuartige Arzneimittel-freisetzende Ballonkatheter SeQuent® Please hat im März 2009 die Zulassung zur Behandlung stenosierter Herzkranzgefäße erhalten. Im Unterschied zu bisherigen Ballonkathetern setzt er bei der Aufdehnung der Engstelle innerhalb weniger Sekunden Paclitaxel in die Gefäßwand frei, das das Wachstum und die Ausbreitung glatter Muskelzellen und damit die erneute Stenosierung des Gefäßes verhindern kann.
Arzneimitteltherapie
Beachtung der zirkadianen Rhythmik
Nicht nur die endogene Cortisol-Produktion, sondern auch das kardiovaskuläre System oder auch die Schwere der Symptome bei Asthma bronchiale unterliegen einer zirkadianen Rhythmik. Das führt zu einer Variabilität physiologischer als auch pathologischer Funktionen, die bei einer Arzneimitteltherapie berücksichtigt werden muss.
Magenerkrankungen
Neue S3-Leitlinie für die Diagnose und Therapie von Helicobacter-pylori-Infektionen
Die seit 1996 bestehende Konsensusempfehlung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) zur Helicobacter-pylori-Infektion ist im Frühjahr 2009 aktualisiert worden. Neben neuen Erkenntnissen bezieht die aktuelle S3-Leitlinie „Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit“ auch hiesige Besonderheiten in Bezug auf Epidemologie, Resistenzen, Diagnostik und Therapie mit ein. Auf der diesjährigen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin in Wiesbaden diskutierten Experten über ihre Anwendung im Praxisalltag.
Pertussis-Impfung