Birgit Hecht, Stuttgart
Pharmazie ist mehr als Schubladen ziehen und Pillen verkaufen. Denn: Wo sollen die Pillen herkommen, wenn sich niemand damit beschäftigt, wie Krankheiten entstehen, womit man sie behandeln könnte und wie man Wirkstoffe sinnvoll anwenden könnte?
In dieser Ausgabe der MMP geben uns Mitarbeiter von pharmazeutischen Instituten Einblicke in ihre eigenen, ganz unterschiedlichen Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Pharmazie. Von Bülow aus Kiel berichtet in ihrem Beitrag zu Aquaporinen über bisher wenig bekannte Kanalproteine in Zellmembranen, die an zahlreichen physiologischen und pathophysiologischen Prozessen beteiligt sind und somit interessante Targets für die Entwicklung neuer Wirkstoffe darstellen. Schäftlein und Kollegen aus Berlin stellen Methoden vor, mit denen die Konzentration von Wirkstoffen an ihrem eigentlichen Wirkort im Gewebe bestimmt werden kann. Ziel dieser Messungen ist es, noch präzisere Aussagen über die Pharmakokinetik von Arzneistoffen treffen zu können, wodurch letztlich Dosierungsempfehlungen verbessert werden sollen. Laven et al. aus Düsseldorf beschäftigen sich mit der Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse in öffentlichen Apotheken.
Apotheker schaffen Wissen. Zum einen, indem sie forschen und neue Strukturen oder Zusammenhänge aufdecken, zum anderen aber auch, indem sie anderen Menschen Erkenntnisse aus der akademischen Wissenschaft oder der klinischen Forschung vermitteln. Diese zweite Art, Wissen zu schaffen, ist dabei mindestens ebenso anspruchsvoll wie die Erste, wenn auch auf völlig andere Weise: Der Apotheker muss sich zunächst selbst Wissen aneignen, also sich über aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse informieren, diese beurteilen und in seinen bisherigen Wissensschatz integrieren. Die nächste Herausforderung ist es, das Wissen anderen so zu vermitteln, dass diese die Informationen verstehen und etwas damit anfangen können. Dass das in ganz unterschiedlicher Form geschehen kann, wird in unserem Interview mit Dr. Pallenbach, Villingen-Schwenningen, deutlich. Er berichtet, wie sich Apotheker einsetzen können, um Arzneimittelabhängigkeit oder -missbrauch zu vermeiden. Ein ganz zentraler und zugleich anspruchsvoller Aspekt ist hierbei das persönliche Gespräch mit Betroffenen in der Apotheke, bei dem diese zunächst für die Problematik sensibilisert werden müssen, um dann gemeinsam mit dem Apotheker, dem Hausarzt oder einer Suchtberatungsstelle einen Ausweg zu finden. Völlig andere kommunikative Fähigkeiten werden benötigt, um die Allgemeinbevölkerung zu erreichen: Hier bieten sich Vorträge, Workshops oder Berichte in den Medien an – auch das können Apotheker leisten.
Welche Möglichkeiten haben Apotheker aber, um sich selbst Wissen zu verschaffen? Wie sollen sie neben ihren alltäglichen Aufgaben und Pflichten aus der Flut von Informationen das herausfiltern, was für ihren ganz persönlichen Alltag relevant ist? Und wo sollen sie Antworten auf ihre Fragestellungen finden, wenn auf diesem Gebiet eben nicht geforscht wird und es keine Publikationen gibt? Einen Ausweg aus diesem Dilemma sehen Laven et al. darin, dass Experten die vorhandene Fachliteratur systematisch sichten und praxisrelevante Erkenntnisse in Form von Leitlinien zusammenfassen, auf die die breite Masse der Apotheker dann zugreifen kann. Werden bei der Erarbeitung solcher Leitlinien Fragen entdeckt, auf die es noch keine oder nur widersprüchliche Antworten gibt, sollte das wiederum Ansporn für Wissenschaftler sein, auf diesem Gebiet zu forschen. Unabhängig davon werden sich Apotheker aber auch weiterhin selbst um ihr Fachwissen kümmern müssen, beispielsweise durch die Lektüre von Fachzeitschriften oder den Besuch von Fortbildungsveranstaltungen.
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