Dr. Jasmine Thibaut, Stuttgart
Beim Eigenbrauer-Syndrom (auto-brewery syndrome) wird aufgrund einer gestörten Zusammensetzung des Mikrobioms im Darm bei Einnahme von Kohlenhydraten über die Nahrung endogen Alkohol produziert. Patienten mit dieser seltenen Erkrankung weisen dann positive Blutalkohol- und Atemalkoholkonzentrationen auf, obwohl sie nachweislich keinen Alkohol zu sich genommen haben.
Die Autoren dokumentieren den Fall eines 46-jährigen Mannes ohne Vorerkrankungen, der seit 2011 unter Gedächtnisverlust, kognitiven Veränderungen und Wahrnehmungsstörungen und depressiven Episoden litt sowie aggressives Verhalten zeigte. Die Veränderungen traten nach einer 2011 erfolgten antibiotischen Therapie auf, die er aufgrund eines komplizierten traumatischen Daumenbruchs erhalten hatte (Cephalexin 250 mg, 3× täglich für 3 Wochen, oral). Eine Woche nach Therapieende traten die ersten Verhaltensveränderungen bei dem Patienten auf.
Bei einer Polizeikontrolle und anschließender Hospitalisation wurde ein Blutalkoholkonzentration von 200 mg/dl (ca. 1,9 ‰) festgestellt, obwohl er versicherte, keinen Alkohol getrunken zu haben. Da die Ärzte eine psychische Erkrankung in Kombination mit einer verdeckten Alkoholsucht vermuteten, bekam er Fluoxetin und Lorazepam.
Erst nachdem der Verdacht auf das Eigenbrauer-Syndrom aufkam, wurde ein Kohlenhydrat-Provokationstest durchgeführt. Hierfür bekam der Patient nach stationärer Aufnahme eine kohlenhydrathaltige Mahlzeit. Es erfolgte ein Monitoring seines Blutalkoholspiegels, der nach acht Stunden bei 57 mg/dl (ca. 0,5 ‰)lag. In Stuhlproben wurden zudem Saccharomyces cerevisiae, Saccharomyces boulardii und Candida-Spezies nachgewiesen. Nach antimykotischer Behandlung mit Itraconazol und zeitweiser Kohlenhydratrestriktion ist der Patient 1,5 Jahre nach Therapieende nun symptomfrei.
Die Autoren vermuten, dass die Fehlbesiedelung des Darms beim Eigenbrauer-Syndrom durch Immunsuppression oder – wie bei diesem Patienten – durch längere Antibiotikatherapie ausgelöst worden ist.
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