90–90–90


Dr. Tanja Saußele, Stuttgart

Foto: Ferdinando Iannone

In Deutschland sind an den Folgen dieser Erkrankung bis heute etwa 30 000 Menschen verstorben; weltweit sind es 32,7 Millionen! An diesen Zahlen merken Sie, dass nicht die Rede von COVID-19 ist. In dieser Ausgabe der Medizinischen Monatsschrift für Pharmazeuten geht es um das Thema HIV.

1981 beschrieben Ärzte in den USA erstmals eine neue Erkrankung namens AIDS (acquired immune deficiency syndrome) bei zuvor gesunden, jungen, homosexuellen Männern. Bereits ein Jahr später wurde über die ersten Fälle in Deutschland berichtet und das Robert Koch-Institut begann mit der Führung eines AIDS-Fallregisters [1]. 1983 wurde dann das HI-Virus als Auslöser für AIDS entdeckt.

Zunächst war nur wenig über die Erkrankung bekannt und der Alltag war geprägt von zahlreichen Falschinformationen. Stigmatisierung gegenüber Homosexuellen und Drogenabhängigen war groß geschrieben. Einige Politiker forderten Zwangstests, die Schließung von „Schwulenclubs“ oder sogar eine Isolation von Erkrankten. Auf wackeliger wissenschaftlicher Basis mussten Politiker Entscheidungen darüber treffen, wie die Bevölkerung am besten vor der Infektionskrankheit zu schützen sei [1]. Hier wird trotz der gravierenden Unterschiede zwischen HIV und SARS-CoV-2 und den verfügbaren medizinischen und naturwissenschaftlichen Methoden eine Parallele sichtbar.

Unter der damaligen Bundesgesundheitsministerin Rita Süssmuth wurde schließlich auf die breite Aufklärung der Bevölkerung gesetzt, um eine weitere Ausbreitung von HIV zu verhindern. Mit „Gib AIDS keine Chance“ wurde eine öffentlich wirksame Kampagne ins Leben gerufen. Wer erinnert sich nicht an den TV-Spot „Tina, wat kosten die Kondome?“ mit Ingolf Lück und Hella von Sinnen? Durch das Motto „Prävention durch Aufklärung und eigenverantwortliches Handeln“ sowie das Angebot von anonymen HIV-Tests ging die Zahl der Infektionen zurück und das Thema AIDS wurde schließlich nicht mehr als die große Bedrohung der Bevölkerung wahrgenommen.

Doch wie sieht die Situation heute, 30 Jahre später, aus? In Deutschland sind ungefähr 88 000 Menschen mit dem HI-Virus infiziert. Durch die wirksamen antiviralen Therapieoptionen, die Professor Rockstroh ab Seite 469 in diesem Heft aufzeigt, haben Betroffene bei uns und in zahlreichen anderen westlichen Ländern eine fast normale Lebenserwartung. Selbst für die verschiedenen Begleiterkrankungen oder auch während einer Schwangerschaft stehen effektive Therapien zur Verfügung.

2014 wurde das 90–90–90-Ziel vom United Nations Programme on HIV/AIDS (UNAIDS) formuliert:

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