Saskia Fechte, Stuttgart
Foto: privat
Wenn das Lieblingsgericht kein Aroma mehr hat und alles fad, im schlimmsten Fall nach gar nichts schmeckt, leidet die Lebensqualität erheblich. Dann ist Essen kein Genuss mehr, der Appetit schwindet verständlicherweise. Was viele Menschen in der letzten Erkältungswelle oder während einer COVID-19-Infektion vorübergehend am eigenen Leib erfahren haben, ist für manche Patienten Dauerzustand – ausgelöst durch ihre Medikation. Dennoch denkt man bei Nebenwirkungen einer Arzneimitteltherapie selten an eine Dysgeusie, eine Beeinträchtigung des Geschmackssinns. Derartige Effekte treten jedoch recht häufig auf, etwa als ständiger metallischer Beigeschmack unter Neuroleptika. Insbesondere bei älteren Menschen besteht durch solche Zusammenhänge die Gefahr einer bedrohlichen Mangelernährung. Prof. Dr. Martin Smollich, Lübeck, erläutert diese Wechselwirkungen sowie weitere Ernährungsprobleme im Rahmen einer Pharmakotherapie in dieser Ausgabe.
Den umgekehrten Mechanismus einer Geschmacksveränderung gibt es auch, allerdings ohne pharmakologische Beteiligung: Eine veränderte Wahrnehmung des Fettgeschmacks ist möglicherweise mitverantwortlich für Adipositas [1]. Die vermutete Ursache: eine chemosensorische Dysfunktion in Bezug auf Fett. Die Fettgeschmacksschwelle scheint bei Adipositaspatienten höher zu liegen, ebenso ist die Vorliebe für fettreiche Nahrungsmittel ausgeprägter. Studienergebnisse beschreiben, dass bei adipösen Personen sowohl die Präferenz für fetthaltige Speisen als auch das Hungergefühl nach dem Essen nicht abnehmen – bei Normalgewichtigen schon. Bei fettleibigen Probanden wurden außerdem weniger pilzförmige Papillen, also Geschmacksrezeptorzellen, auf der Zunge gefunden: für die Studienautoren ein Hinweis auf eine geringere Sensitivität. Zudem scheinen verschiedene Proteine wie CD36 (Cluster of Differentiation 36) und GPR120 (G-Protein-gekoppelter Rezeptor 120) für die Fettwahrnehmung wesentlich zu sein.
Vor diesen Hintergründen ergibt sich weiterer Forschungsbedarf hinsichtlich der Bedeutung des Fettgeschmacks in der Pathogenese der Fettleibigkeit. Zudem liegen hier potenzielle Ansatzpunkte für pharmakologische Interventionen im Kontext von Adipositas. Es bleibt also spannend in der Welt des Geschmackssinns.
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