Das Smartphone für Diagnose und Therapie


Dr. Tanja Saußele, Stuttgart

Foto: Ferdinando Iannone

Beim Beratungsgespräch mit unseren Kunden muss das Smartphone mit der Übersetzungs-App so manches Mal zum Einsatz kommen. Aber auch (gerade) im Privatleben ist bei den allermeisten das Handy stetiger Begleiter. In Kombination dazu gerne mit Smartwatch. Mithilfe dieser Alltagsbegleiter können nicht nur Anrufe getätigt, Nachrichten geschrieben oder Kalorien getrackt, sondern auch Gesundheitsdaten erfasst werden. Viele Smartphones, Smartwatches und Fitnesstracker können über photoplethysmographische (PPG-)Sensoren eine Pulswelle registrieren, die mit der Kurve eines Pulsoximeters vergleichbar ist. Diese Technik basiert auf der Messung von Lichtabsorption durch einen im Wearable eingebauten Sensor.

Wenn diese Pulswelle absolut arrhythmisch (völlig unregelmäßig) auftritt, ermöglicht dies einen Hinweis auf Vorhofflimmern. Diese Arrhythmie wiederum kann zu einer kardialen Embolie, der häufigsten Ursache für Schlaganfälle im höheren Alter, führen. Aber welche weiteren Risiken bringt Vorhofflimmern mit sich und wie entwickelt sich die Prävalenz? Mehr dazu erfahren Sie auf Seite 317 ff.

Der Diagnose und der Therapie des Schlaganfalls, sowohl in der Akutbehandlung als auch in der Sekundärprophylaxe, widmet sich unser Medizin-meets-Pharmazie-Schwerpunkt „Schlaganfall“ in diesem Heft.

Was die Diagnose von Vorhofflimmern angeht, ist entsprechend den Leitlinien der Deutschen (DGK) und Europäischen (ESC) Gesellschaften für Kardiologie eine Aufzeichnung mithilfe eines 12-Kanal- oder 1-Kanal-Elektrokardiogramms (EKG) über mindestens 30 Sekunden notwendig [3]. Mit neueren Generationen von Smartwatches und Fitnesstrackern ist es sogar möglich, ein EKG aufzuzeichnen. Dabei wird ein elektrischer Kreis zwischen beiden Händen geschlossen und ein 1-Kanal-EKG geschrieben.

Doch was geschieht, wenn die Smartwatch plötzlich Vorhofflimmern detektiert?

Derzeit sind die therapeutischen Konsequenzen eines solchen Befundes unklar. Die aktuellen Therapieempfehlungen basieren auf Diagnosen von Vorhofflimmern, das mittels eines 12-Kanal-EKGs in der Arztpraxis oder mithilfe eines Langzeit-EKGs über 24 Stunden aufgenommen worden sind. Um eine Rhythmusstörung in diesen Fällen zu diagnostizieren, muss die Vorhofflimmern-Last hoch sein, eine Arrhythmie also häufig genug innerhalb eines bestimmten Zeitraums auftreten. Anders ist dies im Vergleich mit einem Smartphone- oder Smartwatch-basierten EKG; hier kann eine Arrhythmie trotz geringer Last über Wochen, Monate oder Jahre hinweg registriert werden.

Zum Thema orale Antikoagulation bei Patienten mit Vorhofflimmern, das mithilfe eines EKG-Screenings oder im Schrittmacher-Speicher detektiert wurde, wurden kürzlich einige Studien veröffentlicht [1, 2, 4, 5]. Bei einer Detektion durch Wearables senkte eine anschließende orale Antikoagulation den Endpunkt Schlaganfall und systemische Embolie entweder nur geringfügig oder gar nicht. Dafür war das Risiko für schwere Blutungen bei diesen Patienten signifikant erhöht.

Nach wie vor gilt, das Risiko für einen Schlaganfall mit dem CHA2DS2-VASc-Score zu bewerten und dann eine Entscheidung für oder gegen eine orale Antikoagulation zu treffen. Eine genauere Charakterisierung von Vorhofflimmern, also eine einheitliche Definition der Vorhofflimmerlast, sollte in künftigen Leitlinien unbedingt definiert werden.

Aber nicht nur den Herzrhythmus kann man mithilfe des Smartphones überwachen. Auch Digitale Gesundheitsanwendungen, sogenannte DiGA können therapiebegleitend bei verschiedenen Erkrankungen am Smartphone eingesetzt werden und Teil der Regelversorgung werden. Welche Chancen und Wirkungen von den DiGA ausgehen, erfahren Sie im Beitrag ab Seite 302.

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