Medikamentöse Therapie und Prophylaxe der Migräne
Aktuelle Empfehlungen aus der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft
Die Migräne ist die häufigste neurologische und in ihrer Schwere nicht selten unterschätzte Erkrankung: Leider erhalten viele Betroffene keine ausreichende Akuttherapie und oft auch keine prophylaktische Behandlung. Dabei sind die Therapieoptionen für Migränepatienten vielfältig. Die Entwicklung von neuen Migräne-spezifischen Arzneimitteln hat es erforderlich gemacht, die Leitlinie zur Behandlung der Migräne zu aktualisieren. Akute Migräneattacken werden mit Analgetika, nichtsteroidalen Antirheumatika oder Triptanen behandelt. Als Vertreter neuer Substanzklassen für die Akuttherapie wurden der Serotonin 5-HT(Hydroxytryptamin)1F-Agonist Lasmiditan und Rimegepant, ein Antagonist am Rezeptor des Calcitonin gene-related Peptide (CGRP), zugelassen. Rimegepant kann darüber hinaus in der Prophylaxe der Migräne eingesetzt werden. Lasmiditan eignet sich für Patienten, bei denen Kontraindikationen für die Anwendung von Triptanen bestehen, da es keine vasokonstriktiven Eigenschaften hat. Ein neuer Therapieansatz in der Migräneprophylaxe sind neben dem Rimegepant die monoklonalen Antikörper gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor. Diese sind hoch wirksam und sehr gut verträglich. In der Leitlinie werden ausführliche Empfehlungen zur praktischen Anwendung und zu den Besonderheiten der Kostenerstattung der monoklonalen Antikörper gegeben. Die nichtmedikamentösen Maßnahmen zu Migräneprophylaxe werden in dieser Übersichtsarbeit nicht abgehandelt.
English abstract
Migraine: Current recommendations for pharmacotherapy and prophylaxis
Migraine is the most common neurological disease and is often underestimated in terms of its severity. Unfortunately, many patients do not receive adequate acute therapy and/or prophylaxis. The German Neurological Society and the German Migraine and Headache Society regularly publish recommendations and guidelines for the treatment of acute migraine attacks and for migraine prophylaxis. The latest version was released in December 2022. This review summarizes the pharmacotherapy of acute migraine attacks and migraine prophylaxis. Nondrug therapy is not addressed.
Key words: chronic migraine; migraine prophylaxis; guideline
Volkskrankheit Parodontitis
Ätiologie, Prävalenz und therapeutische Ansätze
Parodontitis ist eine der häufigsten Erkrankungen weltweit. Der Begriff beschreibt eine Entzündung des Zahnhalteapparates (Parodontium) mit multifaktorieller Ätiologie. Diese beinhaltet neben einer dysbiotischen dentalen Plaque auch genetische Risikofaktoren und Lebensstilfaktoren, die zu einer unkontrollierten, voranschreitenden Immunreaktion innerhalb des parodontalen Gewebes führen. Die Folge ist ein zunehmender Gewebeverlust, der auch den Alveolarknochen einschließt. Darüber hinaus können parodontal-pathogene Bakterien mit ihren Toxinen in den systemischen Kreislauf gelangen und an der Entstehung von Krankheiten in anderen Organen beteiligt sein. Umgekehrt können systemische Erkrankungen das Ausmaß einer Parodontitis beeinflussen. So sind beispielsweise Zusammenhänge zwischen Parodontitis und Diabetes mellitus oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen bekannt. Eine leitliniengerechte Behandlung der Parodontitis umfasst sowohl die Mitwirkung der Patienten im Sinne einer angepassten Plaque-Kontrolle als auch, falls erforderlich, eine Änderung von Lebensstilfaktoren, einschließlich Aspekten wie Rauchentwöhnung, Stressreduktion und Änderung der Ernährungsgewohnheiten. Bei Patienten mit Diabetes mellitus und Prädiabetes ist die HbA1c-Kontrolle ein wichtiger Bestandteil des Managements parodontaler Entzündung. Aufgrund der Irreversibilität des Parodontitis-bedingten Gewebeverlustes ist eine effektive Prävention und Früherkennung von entscheidender Bedeutung.
English abstract
Periodontitis – a widespread disease – Etiology, prevalence and therapeutic approaches
Periodontitis is one of the most common diseases worldwide. The term describes an inflammation of the teeth’ surrounding tissues (periodontium). Its etiology is multifactorial, including a dysbiotic dental plaque, in combination with genetic risk factors and lifestyle factors, leading to an uncontrolled persistent immune response within the periodontal tissues. The result is a progressive tissue loss, including the alveolar bone. Moreover, pathogenic bacteria with their toxins are able to enter the systemic circulation, affecting diseases in other organs. Conversely, systemic diseases can influence the extent of periodontitis. For example, there are known associations between periodontitis and diabetes mellitus or cardiovascular diseases. A guideline-based treatment of periodontitis includes both patients’ participation meaning adapted control of dental plaque and, if necessary, a change in lifestyle factors, including aspects such as smoking, stress reduction and changes in dietary habits. In patients with diabetes and prediabetes, HbA1c control is an important component in the management of periodontal inflammation. The central aspect of the dentists’ therapy components is the sufficient eradication of dysbiotic plaque in the periodontal pockets in which inflammation manifests most strongly and, depending on the disease severity, supplemented by surgical treatments through to complex oral rehabilitation measures. In all cases, this initial phase of therapy, which lasts about two to four months, transitions into the so called lifelong supportive periodontal therapy, which includes regular diagnostic checks and support for plaque control and lifestyle changes. The importance of changing the lifestyle factors has been increasingly studied in recent years. However, until now it is only partially reflected in treatment guidelines. In summary, periodontitis is a complex disease whose treatment involves multiple therapeutic principles. Due to the irreversibility of the disease, appropriate prevention and early detection is crucial.
Zwischen Stigma und Stereotyp
2. Diversity in Health Congress 23
Der DIVERSITY IN HEALTH CONGRESS widmet sich mit offenem Blick den Fragen, an welchen Stellen der Gesundheitsversorgung diverse Patientengruppen mehr Gleichbehandlung erfahren sollten und wo es wiederum sinnvoll wäre, vereinheitlichte Versorgungspfade durch vielfältige, individuellere Ansätze abzulösen. An zwei Kongresstagen im Rahmen einer vielfältigen Agenda versuchten mehr als 20 Redner aus Wissenschaft und Forschung, Lehre und Praxis die gesamte Bandbreite von Diversität im Gesundheitswesen aus mehreren Blickwinkeln zu beleuchten.
Wie wird die Schmerzmedizin in Zukunft gestaltet?
Bericht vom Deutschen Schmerz- und Palliativtag 2023
Vom 14. bis 18. März 2023 fand der Deutsche Schmerz- und Palliativtag online unter dem Motto „Sorgen und Versorgen – die Zukunft der Schmerzmedizin konkret gestalten“ statt. Knapp 3500 Teilnehmer konnten sich in zahlreichen Vorträgen – viele davon noch im Nachgang On Demand verfügbar – zu verschiedenen Krankheitsbildern informieren. So wurden unter anderem Behandlungsoptionen bei Long-COVID erläutert und die Migränetherapie bei Kindern sowie der Clusterkopfschmerz vorgestellt. Auch naturheilkundlich und erfahrungsmedizinisch gestützte Therapien bei Schmerzen waren Thema.
Konsensusstatement der Migräne- und Kopfschmerzgesellschaften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz
Therapiedauer der medikamentösen Migräneprophylaxe
Mit einem Kommentar des Autors
Angesichts fehlender Daten zur Dauer einer medikamentösen Migräneprophylaxe und der potenziellen Notwendigkeit, nach einer gewissen Behandlungsdauer eine Behandlungspause einzulegen, haben Experten der Kopfschmerzgesellschaften im deutschsprachigen Bereich Empfehlungen formuliert, wann und wie eine Therapiepause beim Einsatz von monoklonalen Antikörpern gegen CGRP und den CGRP-Rezeptor erfolgen sollte.
Schlafbezogene Atmungsstörungen
Kochsalzlösung wirkt ebenso gut wie intranasales Corticosteroid
Eine intranasale Kochsalzlösung verbesserte in einer aktuellen australischen Studie die Symptome schlafbezogener Atmungsstörungen bei Kindern ebenso gut wie ein intranasales Corticosteroid. Das bietet laut den Autoren die Chance, viele der Betroffenen mit schlafbezogenen Atmungsstörungen bereits in der Primärversorgung zu behandeln, ohne, dass sie eine Überweisung zu einem Spezialisten benötigen.
Prognose nach Krebsoperation
Mangelernährung erhöht postoperatives Risiko
Malnutrition ist ein bekanntes Problem bei Krebspatienten, insbesondere bei Magen- und Darmtumoren. Mangelernährte Patienten leiden einer aktuellen Studie zufolge kurz nach einer Tumor-OP vermehrt unter Komplikationen. Da Menschen in Niedriglohnländern häufiger eine Malnutrition aufweisen, sind sie stärker betroffen.
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
Monotherapie mit Infliximab bei Morbus-Crohn-Remission sinnvoll
Ist es sinnvoll, bei einem Morbus Crohn nach Erreichen des krankheitsfreien Intervalls durch die Behandlung mit Infliximab plus ein Immunsuppressivum eines dieser Arzneimittel wegzulassen? Diese Frage stellte sich ein europäisches Forscherteam und veröffentlichte seine Ergebnisse jüngst im Rahmen einer randomisiert-kontrollierten Studie in „The Lancet Gastroenterology & Hepatology“.